Freitag, 29. Mai 2009

Moser im Visier oder Die Überraschung

„Wo hat ihr Mann gearbeitet? Doch nicht etwa bei der Firma Duisburger Klaviertransporte im Innenhafen?“ - „Ja, genau da,“ sagt Frau Strasser. „Und er war erst ein paar Tage bei der neuen Firma, da hat man seinen LKW vom Hof gestohlen. Sie glauben gar nicht, wie peinlich ihm das ist.“

Wieder klingelt ein Mobiltelefon. Diesmal ist es das von Harry. Dr. Schwertfeger von der Gerichtsmedizin ist es. Die Wasserleiche von der Sechs-Seen-Platte ist tatsächlich Herbert Strasser. Die Kopfwunde könnte von einem schweren, runden Gegenstand stammen und ist die Todesursache. Die Identität konnte mit Hilfe eines Röntgenbildes, das der Zahnarzt des Opfers zur Verfügung stellen konnte, genau festgestellt werden. Der Zahnarzt ist ein Studienfreund des Gerichtmediziners und konnte kurzfristig auf dem kleinen Dienstweg helfen.

Die Aufgabe, Frau Strasser den Tod ihres Mannes mitzuteilen, fällt Pitt zu und mit Geschick kann er diese schwere Aufgabe hinter sich bringen. Frau Strasser möchte ihren Mann unbedingt noch einmal sehen und die Polizisten haben große Mühe, die Frau davon zu überzeugen, dass es besser ist, ihren Mann so wie er war in Erinnerung zu behalten. Wasserleichen sind nun mal ein grausamer Anblick.

Zwei Stunden später sind die Beamten auf dem Weg ins Präsidium. „Jedes Mal ist es wieder so schwer wie beim ersten Mal“ meint Pitt. “Ich mach das nicht gern. Und ich hab immer noch Hunger. Bei MäcDagoberts können wir uns erstmal nicht mehr sehen lassen, aber dahinten ist aber eine Filiale von Börger Prinz, lass und da mal anhalten.“

Gesagt, getan. Pitt und Harry lassen sich ihr Essen in eine braune Tüte packen und gehen zurück zum Wagen. Pitt stellt die Tüte aufs Wagendach und schließt die Autotür auf. Harry steigt ein, da geht Pitts Telefon. „Brett hier, was gibt´s denn?“

Es ist wieder das gerichtsmedizinische Institut. Harry und Pitt sollen sofort in die Pathologie kommen, es gibt interessante Neuigkeiten.

Pitt gibt Gas, der Motor heult auf und der BMW schießt vom Parkplatz. Im Rückspiegel sieht Pitt, wie die braune Börger Prinz-Tüte über die Heckscheibe und den Kofferraumdeckel rutscht, auf die Straße fliegt und vom nachfolgenden Wagen überrollt wird.

Der Gerichtsmediziner hält einige Überraschungen für Harry und Pitt bereit.

„Also, der Tatort lag am rechten Seeufer, knapp hundert Meter von der Stelle entfernt, an der die Leiche angetrieben ist. Wir konnten noch Blutspuren nachweisen. Dort lag auch die Tatwaffe, ein Schlüssel, wie Klavierstimmer ihn verwenden. Leider sauber abgewischt, keine Fingerabdrücke zu finden. Knapp daneben lag aber eine Zigarettenkippe. Eine sehr seltene Marke in Deutschland, Importware! Ursprünglich kommen die Dinger aus der Schweiz und werden hier gar nicht oder nur sehr selten verkauft. „Parisienne Ciel“ heißt das Zeug und ist schweineteuer. Da ist aber noch genug Speichel dran, damit man damit einen DNA-Test machen kann. Also bringt mir einen Verdächtigen und ich nagele den für Euch fest.“

Später im Wagen kommen Pitt und Harry wieder auf das Thema Moser zurück. Harry glaubt, dass Moser sicherlich Dreck am Stecken hat. „Also, der Saubermann, den er uns vorspielt, der ist er sicherlich nicht. Wir sollten wirklich den Leuten in Mosers Dunstkreis Speichelproben abnehmen, aber da spielt Schreiner wieder nicht mit Es bleibt uns erstmal nichts anderes übrig, als den Moser zu beschatten. Du weist, was das bedeutet, Harry? Nachtschicht heißt das. Schlafentzug, nichts zu essen und brütende Hitze in unserer Dienstkalesche…“

Am Stadtrand von Duisburg liegt das Anwesen von Herrn Moser. Dort lebt der Industrielle allein mit seinem Sohn Georg, einem jungen, aber mittlerweile recht bekannten Konzertpianisten.. Seine Frau Yvonne war vor 25 Jahren ein gefragtes Model, aber mit den Jahren und den ersten Falten verflachte die Nachfrage ebenso wie die Oberweite und dann ließ auch das Interesse ihres Mannes sehr schnell nach.. Moser hat sie dann vor einigen Jahren hinausgeworfen, als sie ihm seine diversen Liebschaften vorgeworfen hatte. Dank eines durch Mosers Anwälte geschickt ausgeklügelten Ehevertrages lebt sie mittlerweile von Hartz4. Mosers Tochter Gabriela lebt zwar auch in Duisburg, hat aber eine kleine Wohnung in der Nähe der Universität. Sie studiert Tiermedizin. Zu ihren Vater hat sie keinen Kontakt mehr, weil sie ihm sein Verhalten gegenüber ihrer Mutter übel nimmt. Sie weigert sich, eine Unterstützung von ihrem Vater anzunehmen und finanziert ihr Studium lieber durch kleine Jobs wie Babysitten und Kellnern. Die Kollegin aus der Fahndung, die für Pitt diese Informationen recherchiert hat, ist eifrige Leserin der Regenbogenpresse und versorgt das ganze Duisburger Polizeipräsidium mit dem neusten Klatsch aus der Wirtschaft und dem Showbusiness.

Gegenüber der Einfahrt zu Mosers Anwesen ist eine Gärtnerei mit Baumschule. Auf dem Parkplatz stellen Pitt und Harry den Wagen hinter dem Schild „Baumschule Haselnuss“ ab und beobachten das große Tor zu Mosers Gehöft. Es ist ein alter niederrheinischer Bauernhof, den Moser vor Jahren gekauft hat und der nach seinen Wünschen umgebaut wurde.

„Sicherlich hat der da einen Swimmingpool im Garten und eine Sauna im Keller. Und die Hausbar würde ich auch gern mal inspizieren – oder zumindest das frische, kühle Bier im Kühlschrank…..“ seufzt Harry, denn die Sonne brennt auf das Wagendach und das Innenraumthermometer bewegt sich langsam auf die 65° Marke zu.

Stunde um Stunde vergeht, das Tor bleibt geschlossen.
Hinter dem Gehöft geht die Sonne unter, quälend langsam schleichen die Zeiger der Uhr im Armaturenbrett über das Zifferblatt und die nächsten Stunden scheinen nicht vergehen zu wollen..

Kurz nach Einbruch der Dunkelheit geht über dem Tor das Licht an und das Tor öffnet sich langsam. Ein Sicherheitsmann erscheint im Tor und winkt zu dem Parkplatz herüber.

„Verdammt, die haben uns entdeckt“ meint Harry, aber Pitt deutet mit dem Daumen über seine Schulter. Dort setzt sich ein dunkelgrauer Laster mit Duisburger Kennzeichen in Bewegung. Der 7,5-Tonner stand schon auf dem Platz, als Pitts Dienstwagen dort abgestellt wurde. Der Wagen verlässt den Parkplatz und fährt in Mosers Einfahrt. Der Kies knirscht unter den Reifen als der Wagen auf den Hof zufährt. Als das Tor sich schließt, verlieren die Beamten die Sicht auf das Geschehen hinter den Umzäunung.

„Los, raus! Lass uns über den Zaun sehen“ brüllt Pitt und hechtet über die Straße, Harry folgt in kurzem Abstand. Von einem Gebüsch zur Straße hin abgedeckt finden Pitt und Harry eine Stelle, wo sie über die Mauer des Gehöfts das Haus beobachten können.
Der LKW-Fahrer klappt die Ladebordwand herunter und fährt zusammen mit Mosers Fahrer hoch zur Ladefläche. Kurze Zeit später schieben die Männer einen sehr großen Gegenstand auf die Hebebühne. Da dieser Gegenstand durch eine weiße Plane abgedeckt ist, können Pitt und Harry nur erahnen, dass darunter ein Konzertflügel verborgen sein könnte. Die Männer schieben das Objekt in das Haus. Der Fahrer des LKW klappt die Ladebordwand wieder hoch, wechselt noch ein paar Worte mit Mosers Fahrer. Die Männer lachen, einer der beiden erzählt einen Witz. Die beiden rauchen zusammen noch ein Zigarette.

„Wetten, dass das eine Parisienne Ciel ist?`“ fragt Harry. „Die Wette gewinnst Du“ knurrt Pitt.

Moser kommt aus dem Haus und drückt dem LKW-Fahrer die Hand. Kurze Zeit später setzt sich der Wagen in Bewegung und verlässt das Gelände durch das sich selbst öffnende Tor. Noch bevor das Tor sich wieder schließen kann, kommt ein goldenes Cabrio auf das Tor zugefahren. Eine Blondine sitzt hinter dem Steuer und der Wachmann lässt das Cabrio passieren. Vor dem Haus kommt das Cabrio zu stehen. Die Frau, die aus dem Cabrio aussteigt ist dieselbe, die Moser in dem italienischen Restaurant getroffen hat. Wieder ist die Blondine sehr aufreizend gekleidet und Harry entfährt ein anerkennender Pfiff. Pitt ruft ihn zur Ordnung.

Die Blonde geht auf Moser zu, fällt ihm um den Hals und bedankt sich überschwänglich für den Wagen, den Moser ihr offensichtlich geschenkt hat. Pitt lässt eine Halterfeststellung durchführen, der Wagen ist auf Moser zugelassen. Moser fasst die Hand der Blonden und führt sie in das Haus. Kurze Zeit später erlischt im Haus das Licht und in der oberen Etage geht in einem Zimmer das Licht an. Sicher das Schlafzimmer, denkt Pitt. Durch die Vorhänge kann man die Schatten von zwei Personen in inniger Umarmung erkennen.

„Der hat heute sich ´ne angenehme Nacht und wir schlagen uns hier draußen die Nacht um die Ohren“ brummt Pitt. “Die haben da sicher auch genug zu Essen und wir schieben hier Kohldampf. Verdammt, der Job macht keinen Spaß mehr…..“

Pitts Handy meldet sich. „Hallo, Pitt Brett hier, Was gibt es?“ – „Hallo Pitt, hier ist Gabriela Moser, Erinnerst Du Dich noch, die Bedienung aus dem La Traviata? Ich muss die ganze Zeit an Dich denken, können wir uns wieder sehen? Ich kenne da direkt am Zoo ein gemütliches Lokal, das ist ganz in der Nähe meiner Wohnung. Wie wär´s, können wir uns heute dort treffen?“

Wo hat Gabriela Pitts Nummer her?

Ist das gestohlen Klavier wieder da?

Wie laut kann ein Polizistenmagen knurren?

8 Kommentare:

piepenhagen hat gesagt…

menno, wie soll ich da nur wieder rauskommen????? dat iss echt klasse !!!!!

railway hat gesagt…

Nur Mut, olle Hippe, Du schaffst das schon!
*sichdaganzsicherist*

geschichtenerzähler hat gesagt…

Jetzt gehts aber wirklich zur Sache hier. Mann O Mann, bin gespannt, wie es weitergeht. Ich bewundere eure Fantasie, wenn wir mit diesem Krimi nicht in die Weltliteraturgeschichte eingehen, weiss ich auch nicht mehr weiter ;-)

railway hat gesagt…

OH Mann, wenn der olle Hitchcock noch leben würde, der hätte da bestimmt einen tollen Film raus gemacht......

Unknown hat gesagt…

Mensch, deshalb hat mein Mann sein Abendbrot eine halbe Stundespäter bekommen!

railway hat gesagt…

Der arme Kerl......
Aber tröstlich ist vielleicht, dass unsere Helden Pitt und Harry seit der ersten Folge (am 4. April!) nichts mehr zu essen bekommen haben. Was ist da schon eine halbe Stunde..... ;-)

Unknown hat gesagt…

Wie machen die das bloß? Und dann noch so gut bei Sache, denn "Hunger macht böse!".
Pitt und Harry sollten sich mal mit den Wight Watchers kontaktieren, vielleicht können die dann das Points zählen sein lassen ;0)

railway hat gesagt…

Ja, Duisburger Polizisten sind hart im Nehmen......
Pflichtbewußt bis an die Schmerzgrenze, asketkisch, haben sich immer unter Kontrolle und bewältigen jede Situation. Die können mit bloßen Händen Telefonrechnungen zerreissen und schwitzen selbst in der 100°-Sauna nicht. Da können sich solche Weicheier wie Shaolin-Mönche mal ´ne Scheibe von abschneiden.....