Donnerstag, 27. August 2009

Die Obduktionshalle

Was soll´s denkt Pitt und geht ins Büro zurück. Ohne ein Wort gibt er Harry die Brieftasche und greift zum Telefon. Langsam tippt er die Nummer von Gabriela ein. Was hast Du vor fragt Harry und drückt die Gabel des Telefons runter. Warte doch erst mal ab ob es wirklich Moser ist, auf zwei drei Stunden kommt es auch nicht an. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen das Moser tot ist. Entweder sind die Papiere gefälscht, oder dem Toten untergejubelt worden. Und wie bitteschön sollen wir das herausfinden? Etwa zu Schreiner gehen? Hmmm, warum nicht antwortet Harry, vielleicht verrät er sich.

Beide machen sich auf den Weg in Schreiners Büro. Ohne zu klopfen öffnet Harry die Tür, läßt Pitt den Vortritt und schaut verdutzt auf das sich ihm darbietende Szenario. Ihr Boss und die Sekretärin stehen engumschlungen hinter dem Schreibtisch. „An der Technik müssen sie aber noch ein wenig feilen“ kommentiert Pitt die Szene. „Raus hier“ brüllt Schreiner „das sie vom Land kommen wissen wir, aber daß sie im Schweinestall groß geworden sind war mir nicht bekannt“ Tschuldigung Chef, aber wir haben hier etwas von Bedeutung sagt Pitt und legt die Breiftasche auf den Schreibtisch. Wiederwillig nimmt Schreiner die Brieftasche in die Hand öffnet Sie und nimmt den Ausweis raus. Was soll ich damit? Den Typen kenn ich nicht. Harry antwortet, der Typ ist tot, den haben sie aus dem Rhein gefischt und er ist der Aufsichtsratvorsitzende der Duisburger Eisenhütten AG. Nehmen sie den Plunder wieder mit und kommen sie mir erst wieder unter die Augen, wenn sie was greifbares haben. Und jetzt raus hier. Pitt und Harry verlassen schweigsam das Zimmer und gehen zurück in ihr Büro. Beide gehen ihren Gedanken nach. Nach geraumer Zeit greift Pitt wieder zum Telefon und wählt Gabrielas Nummer.

Hast Du Zeit fragt Pitt, Klar doch, für Dich immer antwortet Gabriela. Gut brummt Pitt, dann komme ich gleich mit Harry vorbei. Verdutzt schaut Harry auf und sieht Pitt grimmig an. Unangenehme Sachen machst Du nie alleine, immer muß ich mit. Halts Maul und pack Deine Sachen. Wieder klingelt Pitt´s Telefon und der Pathologe erklärt ihm, daß auch die Pulsadern aufgeschnitten seien. Der Kerl muß fürchterlich gelitten haben.

Wie lange mag es wohl gedauert haben bis er tot war fragt Harry. Kommt drauf an, wie man es sieht, ein Leben lang, eine Ewigkeit oder eben halt die Zeit von Beginn der Folterung bis zum Exitus. Keine Ahnung, antwortet Pitt, aber wenn ich den Kerl in die Finger kriege, hat er nichts zu lachen. Woher weißt Du, das es ein er ist, den Genus kennen wir doch gar nicht. Pitt antwortet gereizt, Erstens heißt es das Genus und zweitens das Geschlecht. Häh, Harry schaut Pitt ratlos an.
Genus ist ein Begriff aus der Linguistik und bezieht sich darauf, ob ein Wort maskulin oder feminin geraucht wird erklärt Pitt. Das Geschlecht bezeichnet den biologischen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Organismen.

Danke für die Grammatikstunde murmelt Harry, vielleicht hilft sie mir ja weiter, sollte ich jemals Kandidat bei Jauch werden. Gibt es eigenlich noch mehr Leichen? Noch nicht, aber die Küstenwache sucht danach

Endlich erreichen sie Gabrielas Wohnung und klingeln an der Tür. Freudestrahlend öffnet sie Ihnen, fällt Pitt um den Hals und drückt Harry einen freundschaftlichen Kuß auf die Wange. Während Harry knallrot anläuft, bugsiert Pitt Gabriela ins Wohnzimmer zur Couch. Was ist los fragt sie. Pitt legt die Brieftasche auf den Tisch. Stirnrunzelnd nimmt Gabriela sie in die Hand, öffnet sie und nimmt die Papiere raus. Fragend schaut sie die Beiden an. Wie kommt Ihr daran? Pitt antwortet leise, Die Brieftasche wurde gestern bei einer Leiche gefunden, die die Polizei gestern aus dem Rhein geholt hat, Leider ist die Leiche so entstellt, daß wir noch nicht sicher sein können ob es wirklich Dein Vater ist. Gibt es irgendwelche Merkmale, an denen wir feststellen können ob es Dein Vater ist, denn den Anblick möchte ich Dir ersparen. Kreidebleich antwortet Gabriela, eigentlich nicht. Viele Narben auf der Brust, die im Krieg durch eine Granate verursacht wurden.

Scheiße, entfährt es Harry, damit ist uns nicht geholfen, denn der Tote wurde gradezu durch Kugeln durchlöchert. Du wirst wohl doch mitkommen müssen, denn auch die Zähne helfen nicht weiter, die wurden komplett, hmmm…gezogen. Kein Wunder antwortet Gabriela, die waren komplett aus Gold, hat er damals in Ungarn machen lassen.

Doch, ist schon seltsam meint Pitt. Über Tausend Euro in der Brieftasche, aber die Zähne klauen, das passt nicht zusammen und der ganze Aufwand die Leiche unkenntlich zu machen passt auch nicht. Komm, zieh Dir was über, wir müssen zur Pathologie.

Nach einer schweigsamen Fahrt kommen sie an. Pitt und Harry nehmen Gabriela in die Mitte und führen sie zum Obduktionsraum. Der Pathologe führt sie zum Tisch der Leiche . Nimmt das Tuch weg. Gabriela schreit auf und wäre zusammengebrochen wenn Pitt und Harry sie nicht gehalten hätten. Er ist es murmelt Gabriela. Er ist es wiederholt sie und fängt an zu weinen. Er war zwar ein Teufel, aber immerhin noch mein Vater schluchzt sie.

Der Pathologe winkt Harry zu sich und deutet mit der Hand an, daß Pitt mit Gabriela den Raum verlassen sollen.
Man kann auf schrecklicher Weise sein Leben verlieren, ich habe schon viel gesehen, aber das hier, das setzt allem die Krone auf. Der Mann ist stückchenweise gestorben. Er war mit Sicherheit schon tot als sie die Bleigewichte eingesetzt haben und mit Sicherheit war der Täter einer, der sich mit dem Menschen auskennt. Bis auf den aufgeschnittenen Pulsadern war jede körperliche Einwirkung höllisch schmerzhaft, aber ohne lebensbedrohlich zu sein. Der Täter wußte genau was er macht. Ich habe den Eindruck, er ist medizinisch geschult worden oder hat zumindest unter medizinischer Aufsicht gehandelt und irgendwas wollten sie vertuschen. Irgend etwas kommt mir an der Sache bekannt vor, kann aber jetzt beim besten Willen nicht sagen was. Es gab schon einmal ein Mord in dieser Art, da bin ich mir sicher, nicht hier bei uns, woanders, ich melde mich sofort, wenn ich mehr weiß.

Nachdenklich geht Harry zu den Beiden und winkt sie nach draußen.

Kann der Gefangene aus der Lagerhalle weiterhelfen?
Kann überhaupt jemand weiterhelfen?

Sonntag, 9. August 2009

Bei der Wasserschutzpolizei

Mit einem Streifenwagen bringt Pitt Gabriela nach Hause und stellt ihr einen uniformierten Beamten als Wächter vor die Tür. Der Mann war jahrelang Trainer im Polizeisportverein und trainierte dort den Nachwuchs in Judo und Karate. Außerdem hatte er über viel e Jahre den Titel „Deutscher Polizeimeister“ im Pistole schießen inne. „Und pass mir gut auf Gabriela auf,“ sagt Pitt zu dem Beamten, Polizeikommissar Wolters, als er sich zusammen mit Harry auf den Weg ins Präsidium macht.

Auf dem Weg ins Büro begegnen die beiden Beamten der Sekretärin ihres Chefs. Isabella Säger trägt wieder ihr hochgeschlossenes Gouvernantenkostüm, das sich so sehr von ihrer Freizeitkleidung unterscheidet. „Ach, Herr Brett,“ lächelt sie Pitt ins Gesicht, „Ihr neuer Dienstwagen steht bei der Fahrbereitschaft, sie können ihn abholen, wenn Sie wollen.“

Pitt begibt sich direkt in den Hof des Präsidiums zum Leiter der Fahrbereitschaft. „ Mensch Pitt, da hast Du ja den Vogel abgeschossen.“ Mit diesen Worten händigt ihm der Kollege den Wagenschlüssel aus und deutet auf den neuen Wagen. Es ist ein rosaroter, zweisitziger Smart. „ Sachma, datt meinze doch nich etwa ernst?“ blafft Pitt den Chef der Fahrbereitschaft an und ballt die Fäuste in der Hosentasche. „Doch, den hat Kriminalrat Schreiner höchstpersönlich für Dich bestellt. Viel Spaß mit deiner neuen Luxuskarosse…..“

Wutschnaubend verlässt Pitt den Hof und geht zurück in sein Büro. Als erster bekommt Harry seinen Unmut zu spüren. „Dieser verdammte Schreiner hat uns ein rollendes Handschuhfach verpasst, wir sollen unsere Observationen ab sofort in einem Smart machen. Wo ist eigentlich unser Schuhanzieher?“

„Komisch, als ich vorhin unten war, hat mir der Dienstwagenfuzzi den Schlüssel für einen neuen BMW verpasst, der liegt übrigens auf Deinem Tisch. Der Smart ist sicherlich nur ein Witz.“

Das Telefon klingelt. Am anderen Ende der Leitung ist die Wache der Wasserschutzpolizei im Duisburger Hafen. Pitt und Harry sollen sofort zur Wasserschutzpolizei kommen. Im Hafenbecken von Duisburg Homberg ist eine männliche Leiche angeschwemmt worden. Die beiden stürmen los. Im Hof stellt Pitt fest, dass der Schlüssel gar nicht auf den Smart passt. Als er einen bösen Blick auf das Büro der Fahrbereitschaft wirft, sieht er, dass die Kollegen der Abteilung sich von Lachen auf dem Boden rollen.

Der BMW-Schlüssel jedoch passt. Pitt lenkt den Wagen aus dem Hof des Präsidiums heraus und fährt dann in Richtung Ruhrort und auf dem kürzesten Weg zur Wache der Wasserschutzpolizei.

Der diensthabende Beamte begrüßt Pitt und Harry und bringt die beiden an den Anleger der vier in Duisburg stationierten Polizeiboote. Der Chef von WSP 12, Hauptkommissar Nikolaus, drückt den beiden die Hand und bittet sie an Bord. „Unsere Wespe 12 hier ist das schnellste Boot auf dem ganzen Rhein und wir sind in wenigen Minuten drüben in Homberg.“ Die beiden Motoren des Bootes heulen auf und WSP 12 ist auf dem Weg auf die andere Rheinseite. Unter der Homberger Rheinbrücke geht es durch und dann in die Einfahrt des Homberger Hafens. Dort liegen die beiden Schulschiffe, in denen der Nachwuchs für die Binnenschifffahrt ausgebildet wird. Gegenüber auf der anderen Seite des Hafenbeckens liegen die Schiffe der Wasser- und Schifffahrtsdirektion. Auf einem der Stege winken einige uniformierte Beamte und WSP 12 legt an diesem Steg an. Hauptkommissar Nikolaus springt von Bord, Pitt und Harry folgen ihm.

Der Gerichtsmediziner ist einige Minuten vor Pitt und Harry eingetroffen. „Also, Jungs, ein schöner Anblick ist das nicht. Und ich kann schon mal eines sagen, ertrunken ist der Mann hier nicht. Die haben eine halbe Munitionfabrik in den Kerl reingeschossen, ich zähle mindestens fünfzig Einschüsse. Das muss eine Maschinenpistole oder etwas Ähnliches gewesen sein.
Ich schätze den Mann so auf Mitte fünfzig, er dürfte seit etwa einem Tag tot sein. Näheres nach der Obduktion.“

Es ist wirklich kein schöner Anblick. Die Einschüsse sind deutlich zu erkennen, zumal die Leiche nackt in den Rhein geworfen wurde. Auf dem rechten Arm ist eine Tätowierung zu erkennen, ein weisses Kreuz auf rotem Grund. „Schon wieder eine Schweizer Flagge“ sagt Harry. Unter dem Kreuz steht in einer verschnörkelten Schrift der Name „Felix“.

Der Tot ist kein schöner Anblick. Das Gesicht ist durch eine größere Anzahkl von Schlägen mit einem schweren Gegenstand nicht mehr erkennbar, da der Tote unbekleidet ist, gibt es auch sonst keinen Hinweis auf die Herkunft. Die Täter haben ganze Arbeit geleistet und der Gerichtsmediziner wird viel Mühe haben, die Identität festzustellen.

Wieder im Büro angekommen rätseln Pitt und Harry über dem Fall und kommen nicht wirklich weiter.
Als das Telefon klingelt, ist Pitt froh über jede Abwechselung. Es ist der Gerichtsmediziner. „Kommt mal runter zu mir, ich habe Neuigkeiten für Euch. Ihr werdet staunen.“ -“Halte mich nicht hin, Doktor, sag was du von uns willst“ Pitt wird beinahe ungehalten.

„Nee, nee, Hauptkommissar Brett, schwing deine Hufe und komm in meinen Keller. Dein Gesicht will ich sehen, wenn Du erfährst, was ich habe.“ Der Doktor macht beinahe ein Geheimnis aus dem, was er festgestellt hat. Völlig verärgert ruft Pitt Harry und die beiden gehen in den Keller. „Ok, Doc, hier sind wir. Was hast Du?“

Der Gerichtsmediziner beginnt: „ In der Nähe von Rees, genz dicht beim dortigen Yachtclub, haben vor knapp zwei Stunden zwei Jungen, dioe mit ihrem Hund am Rhein spielen wollten,ein paar Schuhe gefunden. Nun, das kam denen erst nicht ungewöhnlich vor, das gibt es hin und wieder. Ein paar Meter weiter lag dann eine Anzughose und ein Hemd. Als die beiden dann aber auch noch das Sakko des Anzgs gefunden haben und einen kompletten Satz Unterwäsche ist denen das dann schon komisch vorgekommen. Der Haufen Patronenhülsen und der blutverschmierte Baseballschläger, den sie als nächstes fanden, hat die beiden dann dazu gebracht, die 110 anzurufen und Eure Kollegen sind dahin gefahren und haben dann wohl den Tatort gefunden, den unser kalter Freund hier in Schubfach drei dann auf dem Wasserweg verlassen hat. Ich habe mir den Kram sofort schicken lassen. Und hier ist sie, die Brieftasche Eures kalten Freundes hier.“

Der Doktor knallt Pitt eine elegante Brieftasche vor die Nase. Darin befindet sich ein Reisepass eines Schweizer Bürgers. Pitt öffnet den Pass und vor Staunen kriegt er den Mund nicht mehr zu.

Unter Inhaber steht dort: MOSER, RUDOLF FELIX.

„Wie bringe ich das nur Gabi bei?“

Ist der Tote wirklich der Moser?
Wie wird Gabi diese Neuigkeit verdauen?
Ist es für Schweizer bei uns wirklich so gefährlich?

Sonntag, 2. August 2009

Verhör der anderen Art

Nachdem Pitt seine eigenen Klamotten wieder angezogen hat, hieven er und Harry den bewusstlosen Hünen aufs Bett und fesseln ihn mit den Handschellen, die zuvor Gabriela gefangen hielten. Die Stichverletzung an der Schulter des Gorillas hat mittlerweile schon wieder aufgehört zu bluten.
„Da hast du aber den richtigen Nerv getroffen,“ meint Pitt zu Harry, „dass der Typ wie ein leerer Sack zusammen gefallen ist.“
„Zufall,“ entgegnet Harry, „ich hatte gar nicht die Zeit, um richtig zu zielen.“
„Ich hoffe nur, du hast den Schraubenzieher vorher desinfiziert, nicht, dass sich bei dem armen Kerl noch die Wunde entzündet.“
„Du mich auch,“ grient Harry, „bei deinem Fürsorgewahn wundert es mich eigentlich, dass du noch nicht mit einer Mund-zu-Mund Beatmung bei dem Schwein begonnen hast.“
Pitt verzieht angewidert das Gesicht. Plötzlich kommt Bewegung in den Hünen. Er schaut sich benommen um und richtet sich langsam auf. Er merkt, dass seine Hände auf dem Rücken gefesselt sind. Ein wütender Knurrlaut entfährt seiner Kehle. Er blickt auf und sieht die beiden Polizisten vor sich stehen. Seine Mundwinkel verziehen sich zu einem verächtlichen Lächeln. „Ach sieh an, Dick und Doof geben mir die Ehre,“ spuckt er den beiden förmlich vor die Füsse.
„Soso,“ erwidert Pitt, „der werte Herr Ganove ist auch wieder aus dem Nirvana zurück.“
„Pluster dich nicht so auf, Bulle, alleine hättest du keine Chance gegen mich gehabt. Nur weil dein Spezie mich von hinten überrascht hat, habt ihr mich gekriegt.“ Der Hüne schaut zu Harry. „Und du bist das Schosshündchen von dem da,“ er deutet mit dem Kopf in Richtung Pitt, „sag mal, geht ihr eigentlich auch zusammen aufs Klo, so wie die Weiber das machen?“ Er lacht leise. „Vielleicht liegt ihr sogar im selben Bett, was? Ihr seht nämlich nicht nur aus wie Schwuchteln, ihr kämpft auch so.“
Bevor Harry seine scharfe Bemerkung los wird sagt Pitt: „Gut, damit hätten wir den geselligen Teil mit einer gepflegten Konversation also erfolgreich hinter uns gebracht und können uns nun dem geschäftlichen Teil widmen.“ Pitt stellt sich vor den Gorilla und sagt zu ihm: „Dein Name ist Theo, wie ich gehört habe, aber wenn es dir lieber ist, kann ich dich auch Arschloch nennen.“
Der Angesprochene bricht in Gelächter aus. „Du solltest dein Glück als Komiker versuchen,“ sagt er grinsend, „ich finde dich ganz witzig.“
„Also raus mit der Sprache,“ führt Pitt das Verhör fort, „wie ist dein Nachname und vor allem, wer ist dein Boss?“
Der Brocken grinst nur hämisch und erwidert: „Weisst du was, Bulle? Leck mich am Arsch.“
In Pitt beginnt es langsam zu brodeln. „Hör zu, du asoziales Stück Scheisse, rück mit der Sprache raus, bevor ich dir die Fresse poliere.“
Der Gefesselte lächelt nur herablassend. „Ja genau. Du hast gar keinen Mumm in den Knochen um die Drohung wahr zu machen, du Würstchen. Du darfst mich gar nicht anfassen, sonst kriege ich dich dran wegen Körperverletzung und Übertretung deiner Kompetenzen.“ Er lacht laut und dreckig auf.
Harry nimmt Pitt zur Seite und sagt: „Hey Pitt, der Kerl hat leider recht, also beherrsche dich, wenn du nicht noch mehr Scherereien bekommen willst. Uns steht das Wasser sowieso schon bis zum Hals. Ich würde den Stück Abfall auch liebend gern in seine Einzelteile zerlegen, aber damit schaden wir nur uns selbst. Du bekommst nichts aus dem raus.“ Harry dreht sich um und sieht, wie der Hüne siegessicher grinst. Auch in Harry steigt die kalte Wut hoch. „Ich weiss, wie du dich fühlst, aber wir dürfen uns nicht zu unüberlegten Handlungen hinreissen lassen. Wir haben schneller ein internes Verfahren am Hals und unseren Job los, als wir Bulle sagen können.“
Pitt atmet ein paar Mal tief durch, um seinen Puls wieder auf normale Kadenz herunter und seine Nerven wieder unter Kontrolle zu bringen. In seinem Inneren tobt ein schrecklicher Kampf gegen den Schweinehund, der unbedingt raus gelassen werden will. Die Frustration der letzten Tage bräuchte dringend ein Ventil, das nun verlockend wehrlos auf dem Bett sitzt. Ihm ist bewusst, dass, wenn er sich jetzt gehen lässt und diese Type zusammen prügelt, er sich auf das selbe tiefe Niveau herunter lässt wie der Gefangene.


Ein Schrei lässt die beiden Polizisten erschrocken herum wirbeln. Sie sehen Gabriela breitbeinig vor dem Hünen stehen, der mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Bett sitzt und Gabriela mit hasserfüllten Augen von unten herauf anfunkelt. Pitt und Harry eilen zu den beiden. Gabriela, die mittlerweile ihre Kleider gefunden und angezogen hat, hebt die Hand und sagt scharf: „Bleibt, wo ihr seid! Ich habe mit dem Kerl noch ein Hühnchen zu rupfen.“
Harry und Pitt bleiben stehen und wundern sich über das resolute Auftreten von Gabriela. Der Tonfall ihres Befehls lässt keinerlei Widerspruch zu. Eine Frau, die nicht nur sensationell aussieht, nein, sie hat auch Power ohne Ende, denkt sich Pitt. Ich merke, wie ich ihr immer mehr verfalle. Mit verträumtem Blick betrachtet er, wie Gabriela langsam die Hand hebt und sie zum rechten Ohr des Gorillas führt. Es hat den Anschein, als ob sie den Gefangenen streicheln will. Plötzlich zuckt ihr Arm ruckartig nach unten. Der Hüne schreit auf. Pitt und Harry sehen, wie Gabriela etwas weg wirft. Bei näherem Hinsehen erkennen sie einen Ohrring. Den hat Gabriela dem Verbrecher aus dem Ohr gerissen. Sie sagt ganz ruhig zu dem Gefesseltem: „Du hast noch einen weiteren an dem Ohr. Am anderen hast du auch noch zwei. Entweder du redest, oder ich mache mit der Demontage des Blechs weiter, du Schwein.“
„Hast du sie nicht mehr alle, du Schlampe?“ schreit der Hüne, „ich hätte dich vorher schon kaltstellen sollen.“
„Da warst du dreckige Sau damit beschäftigt, mein Gesicht abzulecken.“ Bei der Erinnerung daran hätte sich Gabriela am liebsten übergeben. Als sie wehrlos und halbnackt auf dem Bett lag, wurde sie mehrmals von dem Gorilla an den Beinen und am Bauch angefasst. Er beugte sich über sie, die linke Hand auf ihre nur durch den dünnen Büstenhalter geschützte Brust gelegt, und flüsterte ihr ins Ohr: „Wenn die Sache hier vorbei ist, dann haben wir zwei unheimlich viel Spass zusammen. Du willst es doch auch, nicht wahr Schätzchen? Du brauchst einen richtigen Mann zwischen den Beinen, stimmt doch?“
Gabriela versuchte sich weg zu winden doch die Fesseln, die sie am Bett hielten, waren straff gespannt, dass sie sich nicht bewegen konnte. Wenigstens konnte sie den Kopf zur Seite drehen, was ihr aber nichts nützte, weil die Pranke des Hünen brutal ihr Kinn packte und das Gesicht wieder mit einem Ruck zurück drehte. Sie spürte den stinkenden Atem ihres Peinigers auf ihrer Wange als er wieder sprach: „Du bist sicher schon ganz kribbelig auf mich und kannst es gar nicht mehr erwarten, dass ich dich so richtig nehme.“ Bei diesen Worten fuhr seine Hand von ihrem Busen langsam über ihren Bauch in Richtung ihres Slip. Die andere Hand hatte ihre Haare gepackt, damit sie den Kopf nicht wieder zur Seite drehen konnte. Und dann leckte er ihr mit der Zunge über die Wange bis hinauf zu den Augenbrauen. In dem Moment hörte Gabriela eine andere Stimme laut rufen: „Lass sie sofort in Ruhe, Theo, wir haben sie nicht zu deinem Privatvergnügen hier!“ Auch wenn es der Boss der Bande war, so war Gabriela doch froh und dankbar für sein Eingreifen gegen dieses Schwein Theo.
Die ganze Szene geht Gabriela durch den Kopf, als sie den nächsten Ring aus dem Ohr von Theo reisst. Dieser stampft vor Schmerz mit den Füssen auf. Ein schon beträchtliches Rinnsal von Blut läuft ihm mittlerweile am Hals herunter.
In dem Moment hören sie das sich schnell nähernde Geräusch von Sirenen in der Ferne.
„Nun kommt noch eure Verstärkung.“ sagt der Gorilla völlig cool, wobei er das Wort Verstärkung mit sehr viel Ironie betont.
Pitt, Harry und Gabriela wissen, dass sie nun wieder auf sich gestellt sind. Sie müssen den herbeieilenden Kollegen die seriösen und unwissenden Deppen vorspielen, um nicht ihren Boss Schneider stutzig zu machen. Sie wissen nicht, wer von der Verstärkung im Fall involviert ist und wer nicht. Gabriela ist dermassen frustriert, dass sie im Weggehen plötzlich eine blitzschnelle Drehung macht und mit ausgestrecktem Bein dem Gorilla mit einem hässlich knirschenden Geräusch die Nase bricht. Der Hüne knallt nach hinten aufs Bett wie ein gefällter Baum.
Als Gabriela die völlig verdutzten Gesichter von Harry und Pitt sieht meint sie lakonisch: „Ich trainiere ein wenig Karate. Wegen der Cellulitis, wisst ihr. Und jetzt könnt ihr euer Maul wieder schliessen, sonst fliegen die Fliegen rein.“
In dem Moment stürmen auch schon eine Handvoll Polizisten mit vorgehaltenen Waffen den Raum. In wenigen Minuten haben die drei dem Einsatzleiter ihre Version der Ereignisse dargelegt. Auf die Frage, warum der Klotz auf dem Bett so ein blutüberströmtes Gesicht hat meint Harry völlig ruhig: „Nachdem wir ihm die Handschellen angelegt hatten, ist er uns beim Hochheben leider ausgerutscht und voll auf das Gesicht geknallt.“ Ein lang gezogenes Ahaaaa ist die einzige Antwort, die er darauf erhält. Beim Verlassen des Tatortes fragt Gabriela: „Wie habt ihr zwei mich eigentlich so schnell gefunden?“
„Da kannst du dich bei Harry bedanken,“ antwortet Pitt, „als wir den Film der Entführer zum dritten Mal geschaut haben, ist ihm ein kleines Detail aufgefallen. Bei einem kurzen Schwenk der Kamera hat Harry einen kleinen Teil des Fensters gesehen, und in dem Ausschnitt sah man im Hintergrund den Schriftzug „Auf ewig Titanic-Werft“ an einer Kaimauer. Der Rest war dann ziemlich einfach.“
„Mann Harry,“ ruft Gabriela begeistert, „du bist einsame Spitze! Vielen Dank!“ Sie umarmt den überraschten Harry und drückt ihm einen dicken Kuss auf die Wange.
„Heee, das reicht,“ meint Pitt energisch, „und wo bleibt meiner?“
Gabriela dreht sich zu Pitt um und sagt: „Also gut, jetzt bist du ja wohl nüchtern,“ und küsst ihn innig auf die Lippen.
„Autsch!“ sagt Harry und dreht sich grinsend um.


Hat Pitt Grund zur Eifersucht?
Was passiert mit dem Gorilla?
Und hat der Hüne Geld für plastische Chirurgie?