Sonntag, 2. August 2009

Verhör der anderen Art

Nachdem Pitt seine eigenen Klamotten wieder angezogen hat, hieven er und Harry den bewusstlosen Hünen aufs Bett und fesseln ihn mit den Handschellen, die zuvor Gabriela gefangen hielten. Die Stichverletzung an der Schulter des Gorillas hat mittlerweile schon wieder aufgehört zu bluten.
„Da hast du aber den richtigen Nerv getroffen,“ meint Pitt zu Harry, „dass der Typ wie ein leerer Sack zusammen gefallen ist.“
„Zufall,“ entgegnet Harry, „ich hatte gar nicht die Zeit, um richtig zu zielen.“
„Ich hoffe nur, du hast den Schraubenzieher vorher desinfiziert, nicht, dass sich bei dem armen Kerl noch die Wunde entzündet.“
„Du mich auch,“ grient Harry, „bei deinem Fürsorgewahn wundert es mich eigentlich, dass du noch nicht mit einer Mund-zu-Mund Beatmung bei dem Schwein begonnen hast.“
Pitt verzieht angewidert das Gesicht. Plötzlich kommt Bewegung in den Hünen. Er schaut sich benommen um und richtet sich langsam auf. Er merkt, dass seine Hände auf dem Rücken gefesselt sind. Ein wütender Knurrlaut entfährt seiner Kehle. Er blickt auf und sieht die beiden Polizisten vor sich stehen. Seine Mundwinkel verziehen sich zu einem verächtlichen Lächeln. „Ach sieh an, Dick und Doof geben mir die Ehre,“ spuckt er den beiden förmlich vor die Füsse.
„Soso,“ erwidert Pitt, „der werte Herr Ganove ist auch wieder aus dem Nirvana zurück.“
„Pluster dich nicht so auf, Bulle, alleine hättest du keine Chance gegen mich gehabt. Nur weil dein Spezie mich von hinten überrascht hat, habt ihr mich gekriegt.“ Der Hüne schaut zu Harry. „Und du bist das Schosshündchen von dem da,“ er deutet mit dem Kopf in Richtung Pitt, „sag mal, geht ihr eigentlich auch zusammen aufs Klo, so wie die Weiber das machen?“ Er lacht leise. „Vielleicht liegt ihr sogar im selben Bett, was? Ihr seht nämlich nicht nur aus wie Schwuchteln, ihr kämpft auch so.“
Bevor Harry seine scharfe Bemerkung los wird sagt Pitt: „Gut, damit hätten wir den geselligen Teil mit einer gepflegten Konversation also erfolgreich hinter uns gebracht und können uns nun dem geschäftlichen Teil widmen.“ Pitt stellt sich vor den Gorilla und sagt zu ihm: „Dein Name ist Theo, wie ich gehört habe, aber wenn es dir lieber ist, kann ich dich auch Arschloch nennen.“
Der Angesprochene bricht in Gelächter aus. „Du solltest dein Glück als Komiker versuchen,“ sagt er grinsend, „ich finde dich ganz witzig.“
„Also raus mit der Sprache,“ führt Pitt das Verhör fort, „wie ist dein Nachname und vor allem, wer ist dein Boss?“
Der Brocken grinst nur hämisch und erwidert: „Weisst du was, Bulle? Leck mich am Arsch.“
In Pitt beginnt es langsam zu brodeln. „Hör zu, du asoziales Stück Scheisse, rück mit der Sprache raus, bevor ich dir die Fresse poliere.“
Der Gefesselte lächelt nur herablassend. „Ja genau. Du hast gar keinen Mumm in den Knochen um die Drohung wahr zu machen, du Würstchen. Du darfst mich gar nicht anfassen, sonst kriege ich dich dran wegen Körperverletzung und Übertretung deiner Kompetenzen.“ Er lacht laut und dreckig auf.
Harry nimmt Pitt zur Seite und sagt: „Hey Pitt, der Kerl hat leider recht, also beherrsche dich, wenn du nicht noch mehr Scherereien bekommen willst. Uns steht das Wasser sowieso schon bis zum Hals. Ich würde den Stück Abfall auch liebend gern in seine Einzelteile zerlegen, aber damit schaden wir nur uns selbst. Du bekommst nichts aus dem raus.“ Harry dreht sich um und sieht, wie der Hüne siegessicher grinst. Auch in Harry steigt die kalte Wut hoch. „Ich weiss, wie du dich fühlst, aber wir dürfen uns nicht zu unüberlegten Handlungen hinreissen lassen. Wir haben schneller ein internes Verfahren am Hals und unseren Job los, als wir Bulle sagen können.“
Pitt atmet ein paar Mal tief durch, um seinen Puls wieder auf normale Kadenz herunter und seine Nerven wieder unter Kontrolle zu bringen. In seinem Inneren tobt ein schrecklicher Kampf gegen den Schweinehund, der unbedingt raus gelassen werden will. Die Frustration der letzten Tage bräuchte dringend ein Ventil, das nun verlockend wehrlos auf dem Bett sitzt. Ihm ist bewusst, dass, wenn er sich jetzt gehen lässt und diese Type zusammen prügelt, er sich auf das selbe tiefe Niveau herunter lässt wie der Gefangene.


Ein Schrei lässt die beiden Polizisten erschrocken herum wirbeln. Sie sehen Gabriela breitbeinig vor dem Hünen stehen, der mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Bett sitzt und Gabriela mit hasserfüllten Augen von unten herauf anfunkelt. Pitt und Harry eilen zu den beiden. Gabriela, die mittlerweile ihre Kleider gefunden und angezogen hat, hebt die Hand und sagt scharf: „Bleibt, wo ihr seid! Ich habe mit dem Kerl noch ein Hühnchen zu rupfen.“
Harry und Pitt bleiben stehen und wundern sich über das resolute Auftreten von Gabriela. Der Tonfall ihres Befehls lässt keinerlei Widerspruch zu. Eine Frau, die nicht nur sensationell aussieht, nein, sie hat auch Power ohne Ende, denkt sich Pitt. Ich merke, wie ich ihr immer mehr verfalle. Mit verträumtem Blick betrachtet er, wie Gabriela langsam die Hand hebt und sie zum rechten Ohr des Gorillas führt. Es hat den Anschein, als ob sie den Gefangenen streicheln will. Plötzlich zuckt ihr Arm ruckartig nach unten. Der Hüne schreit auf. Pitt und Harry sehen, wie Gabriela etwas weg wirft. Bei näherem Hinsehen erkennen sie einen Ohrring. Den hat Gabriela dem Verbrecher aus dem Ohr gerissen. Sie sagt ganz ruhig zu dem Gefesseltem: „Du hast noch einen weiteren an dem Ohr. Am anderen hast du auch noch zwei. Entweder du redest, oder ich mache mit der Demontage des Blechs weiter, du Schwein.“
„Hast du sie nicht mehr alle, du Schlampe?“ schreit der Hüne, „ich hätte dich vorher schon kaltstellen sollen.“
„Da warst du dreckige Sau damit beschäftigt, mein Gesicht abzulecken.“ Bei der Erinnerung daran hätte sich Gabriela am liebsten übergeben. Als sie wehrlos und halbnackt auf dem Bett lag, wurde sie mehrmals von dem Gorilla an den Beinen und am Bauch angefasst. Er beugte sich über sie, die linke Hand auf ihre nur durch den dünnen Büstenhalter geschützte Brust gelegt, und flüsterte ihr ins Ohr: „Wenn die Sache hier vorbei ist, dann haben wir zwei unheimlich viel Spass zusammen. Du willst es doch auch, nicht wahr Schätzchen? Du brauchst einen richtigen Mann zwischen den Beinen, stimmt doch?“
Gabriela versuchte sich weg zu winden doch die Fesseln, die sie am Bett hielten, waren straff gespannt, dass sie sich nicht bewegen konnte. Wenigstens konnte sie den Kopf zur Seite drehen, was ihr aber nichts nützte, weil die Pranke des Hünen brutal ihr Kinn packte und das Gesicht wieder mit einem Ruck zurück drehte. Sie spürte den stinkenden Atem ihres Peinigers auf ihrer Wange als er wieder sprach: „Du bist sicher schon ganz kribbelig auf mich und kannst es gar nicht mehr erwarten, dass ich dich so richtig nehme.“ Bei diesen Worten fuhr seine Hand von ihrem Busen langsam über ihren Bauch in Richtung ihres Slip. Die andere Hand hatte ihre Haare gepackt, damit sie den Kopf nicht wieder zur Seite drehen konnte. Und dann leckte er ihr mit der Zunge über die Wange bis hinauf zu den Augenbrauen. In dem Moment hörte Gabriela eine andere Stimme laut rufen: „Lass sie sofort in Ruhe, Theo, wir haben sie nicht zu deinem Privatvergnügen hier!“ Auch wenn es der Boss der Bande war, so war Gabriela doch froh und dankbar für sein Eingreifen gegen dieses Schwein Theo.
Die ganze Szene geht Gabriela durch den Kopf, als sie den nächsten Ring aus dem Ohr von Theo reisst. Dieser stampft vor Schmerz mit den Füssen auf. Ein schon beträchtliches Rinnsal von Blut läuft ihm mittlerweile am Hals herunter.
In dem Moment hören sie das sich schnell nähernde Geräusch von Sirenen in der Ferne.
„Nun kommt noch eure Verstärkung.“ sagt der Gorilla völlig cool, wobei er das Wort Verstärkung mit sehr viel Ironie betont.
Pitt, Harry und Gabriela wissen, dass sie nun wieder auf sich gestellt sind. Sie müssen den herbeieilenden Kollegen die seriösen und unwissenden Deppen vorspielen, um nicht ihren Boss Schneider stutzig zu machen. Sie wissen nicht, wer von der Verstärkung im Fall involviert ist und wer nicht. Gabriela ist dermassen frustriert, dass sie im Weggehen plötzlich eine blitzschnelle Drehung macht und mit ausgestrecktem Bein dem Gorilla mit einem hässlich knirschenden Geräusch die Nase bricht. Der Hüne knallt nach hinten aufs Bett wie ein gefällter Baum.
Als Gabriela die völlig verdutzten Gesichter von Harry und Pitt sieht meint sie lakonisch: „Ich trainiere ein wenig Karate. Wegen der Cellulitis, wisst ihr. Und jetzt könnt ihr euer Maul wieder schliessen, sonst fliegen die Fliegen rein.“
In dem Moment stürmen auch schon eine Handvoll Polizisten mit vorgehaltenen Waffen den Raum. In wenigen Minuten haben die drei dem Einsatzleiter ihre Version der Ereignisse dargelegt. Auf die Frage, warum der Klotz auf dem Bett so ein blutüberströmtes Gesicht hat meint Harry völlig ruhig: „Nachdem wir ihm die Handschellen angelegt hatten, ist er uns beim Hochheben leider ausgerutscht und voll auf das Gesicht geknallt.“ Ein lang gezogenes Ahaaaa ist die einzige Antwort, die er darauf erhält. Beim Verlassen des Tatortes fragt Gabriela: „Wie habt ihr zwei mich eigentlich so schnell gefunden?“
„Da kannst du dich bei Harry bedanken,“ antwortet Pitt, „als wir den Film der Entführer zum dritten Mal geschaut haben, ist ihm ein kleines Detail aufgefallen. Bei einem kurzen Schwenk der Kamera hat Harry einen kleinen Teil des Fensters gesehen, und in dem Ausschnitt sah man im Hintergrund den Schriftzug „Auf ewig Titanic-Werft“ an einer Kaimauer. Der Rest war dann ziemlich einfach.“
„Mann Harry,“ ruft Gabriela begeistert, „du bist einsame Spitze! Vielen Dank!“ Sie umarmt den überraschten Harry und drückt ihm einen dicken Kuss auf die Wange.
„Heee, das reicht,“ meint Pitt energisch, „und wo bleibt meiner?“
Gabriela dreht sich zu Pitt um und sagt: „Also gut, jetzt bist du ja wohl nüchtern,“ und küsst ihn innig auf die Lippen.
„Autsch!“ sagt Harry und dreht sich grinsend um.


Hat Pitt Grund zur Eifersucht?
Was passiert mit dem Gorilla?
Und hat der Hüne Geld für plastische Chirurgie?

2 Kommentare:

railway hat gesagt…

Ganz schön tough diese Gabriela. Alle Achtung!

piepenhagen hat gesagt…

menno, wird ja immer besser.

wenn datt zuende ist, geht dat zur ARD

*ganzsicherbin*