Sonntag, 24. Januar 2010

Ankunft in St. Moritz

Nach mehreren Stunden eintöniger Autobahnfahrt, nur unterbrochen von kleineren Streitigkeiten zwischen Harry und Pitt, welcher Musikstil denn nun im Wagen gehört werden soll, erreichen sie den Grenzübergang in Basel.

„He Harry, spur gefälligst rechts ein,“ blafft Pitt.

„Wieso,“ fragt Harry erstaunt zurück, „da stehen aber mehr Wagen.“

„Weil du eine Vignette kaufen musst,“ antwortet Pitt lehrmeisterlich, „oder willst du den Rest der Strecke alles Überland fahren?“ Natürlich will das Harry auch nicht und ordnet sich hinter der Schlange der wartenden Autos ein. Nach zehn Minuten hat er die Spitze erreicht, zahlt die vierzig Franken und nimmt die Autobahnvignette entgegen. Mit Widerwillen pappt er den Kleber hinter den nagelneuen Rückspiegel an die nagelneue Windschutzscheibe seines nagelneuen Kombis.

„So, und jetzt mit Vollgas in Richtung Graubünden,“ sagt Harry mit einem Grinsen und beschleunigt.

„Das mit dem Vollgas kannst du gleich vergessen,“ meint Pitt.

„Warum denn das?“

„Weil hier in der Schweiz eine Geschwindigkeitsbeschränkung herrscht. Du darfst nur maximal hundertzwanzig fahren.“

Im Ernst,“ fragt Harry ungläubig, „überall?“

„Nein.“ antwortet Pitt.

„Da fällt mir aber ein Stein vom Herzen.“

„Nicht überall, Es gibt auch Strecken, da darf man nur hundert oder sogar achtzig fahren.“ Harrys Gesicht wird lang und länger.

„Und dafür zahlt man auch noch,“ sagt er resigniert.

Nach knapp zweieinhalb Stunden erreichen sie die Ausfahrt Landquart wo sie die Autobahn verlassen und in Richtung Prättigau fahren. Fünfzig Minuten später fahren sie über die Umfahrungsstrecke bei Klosters zum Autoverlad Vereina-Tunnel. Auf der anderen Seite im Engadin angekommen setzen sie die Fahrt in Richtung St. Moritz durch die herbe Bündner Bergwelt fort. Vorbei an La Punt-Chamues-ch das am Fusse des grossen Albula-Passes liegt und Samedan, das den höchstgelegenen Flugplatz von Europa beherbergt, fahren sie durch eine Talenge, hinter der sich das auf 1822 Metern über Meer liegende St. Moritz im schönsten Sonnenschein zeigt.

„Hier also geben sich die Reichen und Schönen ein Stelldichein,“ meldet sich Gabriela von der Rückbank her zu Wort. Am gleich neben der Strasse liegenden Seeweg sieht man auch diverse Frauen jeglicher Couleur in dicken Pelzmänteln und Untertassen grossen Sonnenbrillen flanieren und ihren teuren Schmuck und den kleinen Hund, Marke Edelratte, an der frischen Luft spazieren tragen.

Nach wenigen Minuten hält Harry den Kombi vor dem Eingang des Hotels Padrutt's Palace Hotel. Alle drei steigen mit grossen, staunenden Augen aus dem Wagen und betrachten das Gebäude ungläubig.

„Bist du sicher, dass wir hier richtig sind,“ fragt Harry erstaunt, „das ist ja ein kolossaler Luxustempel.“

„Ganz sicher,“ erwidert Pitt, „der neue Bürgermeister und die Stadt Duisburg lassen sich nicht lumpen.“ Er pfeift anerkennend durch die Zähne. „Weil wir den letzten Fall so souverän gelöst haben, werden uns diese Ferien bezahlt.“ Aber auch Pitt ist von der Grosszügigkeit überrumpelt. „Dass wir aber in solch einem Luxusbunker nächtigen dürfen überrascht auch mich.“

Ein livrierter Page eilt mit einem Koffertrolley aus dem Eingang des Hotels und fragt Harry nach dem Gepäck. Dieser öffnet die Heckklappe und der Hotelboy beginnt gleich damit, die Koffer auszuladen.

„Die Schachtel auch?“ fragt er. Pitt eilt herbei und nickt. Unter seinem wachsamen Blick wird das Behältnis auf die Koffer gestellt und verschwindet kurz darauf mit dem Pagen im Eingang des Hotels. Zur gleichen Zeit verlangt ein anderer Page den Wagenschlüssel von Harry und fährt den Kombi in das hoteleigene Parkhaus. Unterdessen werden die drei von den ein- und ausgehenden Hotelgästen beim Vorbeigehen abschätzig von oben bis unten gemustert. Denn sie entsprechen in ihrer normalen Freizeitbekleidung überhaupt nicht dem sonst typischen Hotelgast. Ich trage vielleicht nicht luxuriöse Kleidung, dafür ist mein Gesicht natürlich hübsch und nicht von irgendwelchen Schönheitschirurgen zu toten Masken geliftet worden, denkt sich Gabriela.

„Pitt Brett ist mein Name,“ sagt er seinem Gegenüber an der Rezeption, einem distinguiert wirkenden, etwas herablassenden Concierge, der dann blasiert antwortet: „Herr Brett“...Pause....“Ah, ja.“...Pause...“Ich sehe, sie reisen zu viert.“...Pause...“Darf ich sie höflich bitten, die Anmeldung auszufüllen?“ und schiebt Pitt ein Formular in einer Ledermappe über den Tresen, dazu einen Füller, der wahrscheinlich knapp eine vierstellige Zahl gekostet hat. Pitt beginnt mit dem Ausfüllen, als ihm plötzlich eine Frage durch den Kopf geht.

„Wieso vier? Wir sind nur zu dritt,“ sagt er zum Concierge.

„Ich zähle wohl nicht, wie?“ sagt eine weibliche Stimme links hinter ihm. Er dreht sich um und sieht Susi breit grinsend eng umarmt mit Harry, der auch sein breitestes Grinsen aufgesetzt hat.

„Überraschung!“ schreien die beiden zusammen.

„Ihr seid doch Idioten, mich so zu erschrecken,“ schreit Pitt amüsiert.

„Selber Idiot,“ neckt ihn Susi. Es folgen Umarmungen und Küsse zur Begrüssung mit lautstarken und deftigen Sprüchen.

Der Concierge verdreht verzweifelt die Augen zur Decke und wundert sich, was dieser Pöbel hier in diesem, seinen, Hotel zu suchen hat, und er versucht krampfhaft, seine Contenance zu wahren. Er ist froh, kann er diese Personen der Obhut eines Pagen übergeben, der die vier zu ihren Zimmern führt. Auf dem Weg dorthin überlegt Pitt fieberhaft, wieviel und ob überhaupt ein Trinkgeld für den Pagen üblich ist. Nachdem sie ihre Räumlichkeiten gezeigt bekommen haben, drückt Pitt dem Pagen einen Fünfeuroschein in die Hand. Der bedankt sich und zeigt ein Grinsen das deutlich mitteilt, dass er sonst einiges mehr an finanzieller Zuneigung gewöhnt ist.

„Treffen wir uns in dreissig Minuten unten an der Bar?“ fragt Pitt Harry, der bejahend nickt. Danach ziehen sich die beiden Paare in ihre für die nächsten zwei Wochen gehörende Wohnungen zurück. Auch die Unterkunft stellt ihre Fantasie weit in den Schatten. Nach dem Betreten eines grossen Vorraumes gelangt man durch einen Bogendurchgang in ein riesiges Wohnzimmer an das ein ebenso riesiges Schlafzimmer angrenzt, mit einem wunderschönen Himmelbett, auf dessen Kissen frische Rosenblätter und jede Menge verschiedene Schokoladen liegen. Auf der anderen Seite betritt man ein Badezimmer, das es in der Grösse beinahe mit der gesamten Fläche von Pitts Wohnung aufnehmen kann. Vergoldete Armaturen, Boden und Wände aus weissem Marmor und eine Badewanne mit eingebauten Sprudeldüsen. Die Wanne bietet Platz für eine ganze Fussballmannschaft, denkt sich Pitt und seine Fantasie hüpft zwischen den verrücktesten Fantasien hin und her, was er mit Gabriela alles da drin machen könnte.

„Was träumst du da im Bad rum?“ fragt Gabriela aus dem Schlafzimmer.

„Ach, nur so,“ antwortet Pitt gedankenverloren.

„Wir müssen langsam auf den Weg,“ sagt Gabriela und schmiegt sich von hinten an seinen Körper, „die anderen warten sicher schon.“

„Sollen doch warten,“ mault Pitt. Aber er gibt sich dennoch einen Ruck und begleitet Gabriela in den Barbereich des Hotels. Dort angekommen grinst ihm ein bekanntes Gesicht frech entgegen.

„Kurt, du alte.....“




Warum ist Kurt in dem Hotel?

Sind sie wirklich im richtigen Hotel?

Müssen sie jetzt noch teure Kleidung kaufen?

1 Kommentar:

piepenhagen hat gesagt…

boah, direkt neidisch werde. Und ich sitz hier im fiesen Düsseldorf.

Einfach klasse thumbs up