Samstag, 7. November 2009

Überstunden für den Sensenmann

Unterdessen sitzen Susi und Gabriela im hinteren Teil des gepanzerten Mannschaftswagens der Spezialeinheit zwischen vier in voller Kampfmontur gekleideter Polizisten. Der Wagen ist auf dem Weg in Richtung Moers zum sicheren Haus um die beiden Frauen aus der Gefahrenzone zu bringen.

„Das ist ja wirklich ekelhaft unbequem,“ mault Susi, und drückt und zerrt an der kugelsicheren Weste herum, die ihr schwer auf den Schultern lastet.

„Und attraktiv siehst du damit auch nicht aus,“ antwortet Gabriela mit einem verzweifelten Grinsen im Gesicht.

Als sie an dem Haus ankommen, springen die vier Polizisten mit vorgehaltenen Maschinenpistolen aus der hinteren Tür und sichern die Umgebung auf alle Seiten ab. Fahrer und Beifahrer, beide ebenfalls in voller Kampfmontur, erscheinen in der Türöffnung, helfen den beiden Frauen heraus und führen sie begleitet von den anderen vier Sicherheitskräften in das Haus. In der Eingangshalle des Hauses angekommen beginnt Gabriela damit, die Verschlüsse der Weste zu öffnen. Der Gruppenführer stellt sich vor sie hin und sagt: „ Stopp, warten sie damit, ich weiss, für Ungeübte ist das Tragen sehr beschwerlich, aber zu ihrer Sicherheit möchte ich sie bitten, die.....“ In dem Moment explodiert sein Gesicht förmlich hinter der Plexiglasscheibe seines Helmes.



Pitt und Kurt führen den jungen Moser und die noch völlig geschockte Säger hinaus vor das Haus und warten auf die kurz darauf eintreffende Verstärkung.

„Bringt sie sofort in das Gefängnis, ohne Umwege, und nicht zu uns aufs Revier!“ beauftragt Pitt den Befehlshabenden. Dieser nickt kurz und setzt sich mit seinem Konvoi in Fahrt.

„Gute Idee,“ meint Kurt anerkennend zu Pitt, „hoffen wir, dass dort nicht so ein Filz herrscht wie bei euch im Revier. Apropos, was machen wir jetzt mit Schreiner?“

„Stimmt,“ pflichtet Pitt bei, während er die Nummer von Harry wählt, „wir schicken Harry auf seine Fersen.“

Pitt und Harry besprechen kurz das weitere Vorgehen. Harry bestätigt dabei auch, dass die beiden Frauen mit einem Sondereinsatzkommando zum sicheren Haus unterwegs sind.

„Ok, lass den Schreiner nicht aus den Augen,“ befiehlt Pitt und unterbricht die Verbindung. Unterdessen hat Kurt die restliche Mannschaft der Verstärkung angewiesen, das ganze Anwesen von Moser auf den Kopf zu stellen, um Beweise und Indizien zu sammeln. Während sie zurück zum Audi laufen, informiert Pitt den neben ihm gehenden Kurt über das soeben Besprochene. Beim Wagen angekommen zieht Kurt die Autoschlüssel aus seiner Jackentasche und schmeisst sie zu Pitt, der sie gekonnt in der Luft auffängt. Ein leuchtendes Lächeln macht sich auf seinem Gesicht breit, als er hinter das Steuer sitzt, den Motor zum Brüllen bringt und mit rauchenden Reifen in Richtung Moers Gas gibt.



Die Bürotür von Schreiner steht einen Spalt offen. Durch diese Öffnung beobachtet Harry nun schon eine Weile heimlich, wie Schreiner in Panik einen Aktenkoffer mit Geldbündeln füllt. Du miese Ratte, denkt sich Harry, so billig kommst du mir nicht davon. Er zieht seine Waffe, öffnet die Türe ganz leise und tritt in das Büro. „So du Sau, willst dich wohl heimlich, still und leise dünne machen?, oder was?“ sagt er ganz cool. Schreiner blickt erschrocken hinter dem geöffneten Koffer hervor.

„Was zum Teufel machen sie denn hier?“ fragt er verwirrt.

„Ich verhafte dich hiermit, du mieser Verräter,“ antwortet Harry und richtet die Waffe auf Schreiner. Dieser schaut Harry mittlerweile hasserfüllt an.

„Hören sie,“ beginnt er auf Harry einzureden, „ich habe hier an die dreihundert tausend Euro, wenn wir uns einigen, dann gehört die Hälfte davon ihnen. Steuerfrei natürlich.“ Ein dreckiges Grinsen zieht sich über Schreiners Gesicht, das unterdessen glänzt wie eine Speckschwarte, weil ihm der Schweiss unterdessen schon über die speckigen Wangen läuft.

„Damit ich auf das gleiche beschissenen Niveau sinke wie du?“ entgegnet Harry, der seine Wut und Enttäuschung nur noch knapp unter Kontrolle halten kann. Das Grinsen aus Schreiners Gesicht verschwindet augenblicklich.

„Selbst schuld, du Idiot,“ giftet Schreiner Harry an, „du warst immer schon ein dämlicher Hund. Der nickende Dackel von dem Arschloch Brett.“ Er leckt sich nervös mit der Zunge über die Lippen. „Nun nimm die Knarre runter und lass mich gehen.“ Harrys Hand zuckt ein wenig höher und zielt nun genau auf Schreiners Brust. „Du hast sowieso nicht genug Rückgrat und Mut um auch abzudrücken.“ Schreiners rechte Hand tastet hinter dem hochgeklappten Deckel des Aktenkoffers in die Schreibtisch Schublade und holt langsam den Revolver hervor.

„Los Schreiner, beide Hände über den Kopf und dann komm langsam hinter dem Tisch hervor,“ befiehlt Harry. Er greift sich dabei an den Gürtel und holt die Handschellen aus der daran hängenden Tasche. Diesen Moment nützt Schreiner kaltblütig aus und reisst mit einer schnellen Bewegung seine Waffe hoch und drückt ab. Harry erkennt blitzschnell die Situation und zieht den Abzug auch durch. Im selben Moment verspürt er einen glühenden Schmerz in der rechten Schulter und merkt, wie ihm der Arm nach hinten gerissen wird. Er sieht, wie sich die Brust von Schreiner schnell rot färbt und er mit einem völlig überraschten Gesichtsausdruck hinter dem Tisch steht. Schreiner lässt langsam den Arm sinken. Mit einem lauten Poltern fällt die Knarre auf den Boden.

„Aber....Nagel...du hast abgedrückt. Du hast wirklich....geschossen.“ Bei den Worten läuft ihm ein dünnes Rinnsal Blut aus dem Mund. Mit einem letzten konsternierten Blick in Richtung Harry fällt Schreiner nach vorne über den Aktenkoffer voller Geld und macht seinen letzte Atemzug. Das ist das Letzte, was Harry noch sieht, bevor er bewusstlos zu Boden sinkt.



Aus einem Reflex heraus packt Gabriela die Weste von Susi und reisst sie mit sich in das Nebenzimmer. Sie schlägt die Türe zu und schliesst sie ab. „Los, hinten durch und einen Ausgang suchen,“ schreit sie Susi an. „Die Tür wird den Mörder nicht lange aufhalten.“ Sie hören mehrere laute Schüsse und markerschütternde Schmerzensschreie in der Eingangshalle. Susi starrt Gabriela mit weit aufgerissenen Augen an.

„Was läuft hier?“ fragt sie verzweifelt. „Die sollten doch auf unserer Seite sein.“

„Einer der Beamten ist ein Verräter, vielleicht sogar der Mörder meines Vaters.“ Gabriela blickt sich gehetzt um und entdeckt an der rechten Seite des Zimmers eine weitere Tür. „Da lang,“ sagt sie, rennt hin und öffnet die Tür behutsam einen Spalt, um einen Blick in den Raum dahinter zu werfen. Sie sieht ein weiteres Zimmer an dessen linker Seite eine verglaste Verandatüre ist. „Komm, Susi, da raus.“ Doch die Hoffnung ist nur von kurzer Dauer, denn der Ausgang ist mit einem schmiedeisernen Gitter gegen Einbrecher gesichert und verhindert so nicht nur das Einsteigen sondern auch den Weg nach aussen. Als den beiden Frauen bewusst wird, dass das sicher im ganzen Haus der Fall ist, merken sie, dass sie in der Falle sitzen. Sie stehen Todesängste aus aber kämpfen erfolgreich gegen die aufsteigende Panik an.

Aus dem Nebenzimmer, in welchen sie kurz vorher waren, hören sie das Krachen eines Schusses und das Splittern von berstendem Holz. Sie flüchten durch die andere Türe und rennen den kurzen Gang entlang, der sich dahinter befindet. Am Ende des Flurs sprinten sie rechts durch einen offenen Durchgang und stehen unvermittelt wieder in der Eingangshalle. Sie sehen fünf Polizisten in der Halle in ihrem eigenen Blut liegen. In dem Moment stürmt der Killer um die Ecke und zielt mit seiner Waffe auf die beiden Frauen. Susi schreit erschrocken auf. Gabriela greift nach ihrer Hand.

„So süss,“ sagt der Killer mit einem hämischen Lächeln. „Eigentlich ist es ja schade um zwei so geile Schnecken, wir hätten sicher viel Spass miteinander. Aber ich muss euch abknallen, weil ihr meinem Boss im Weg steht.“ Er hebt die grosskalibrige Waffe und zielt damit genau in die Mitte von Susi's Stirn.

Und dann krachen zwei Schüsse.



Pitt und Kurt fahren mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Moers. Kurt versucht dabei die ganze Zeit mit Pitt`s Handy, Harry zu erreichen, doch der nimmt den Anruf nicht entgegen. Kurz darauf erreichen sie das sichere Haus der Duisburger Polizei und sehen den Mannschaftswagen in der Einfahrt stehen.

„Hier ist irgend etwas nicht in Ordnung,“ sagt Pitt besorgt zu Kurt.

„Wieso meinst du?“ fragt Kurt.

„Wir haben gewisse Vorschriften, was den Umgang mit diesem Haus betrifft.“ Pitt dreht den Zündschlüssel und beobachtet konzentriert das Haus. „Der Mannschaftswagen darf nicht vor dem Eingang parkiert werden, vor allem nicht mit offenen Türen. Und der Hauseingang ist auch offen. Lass uns vorsichtig sein.“ Die beiden steigen aus und schleichen geduckt zum Eingang des Hauses. Sie beziehen auf beiden Seiten der Türe Stellung und blicken um die Ecke. Und dann reagieren sie wie eine Person. Sie springen mit erhobenen Waffen in die Türöffnung und drücken beide gleichzeitig ab. Die Kugeln schlagen eine in den Hals und die andere in die Schläfe des Killers ein. Der wird zur Seite katapultiert und reisst beim Fallen eine Blumenvase mit weissen Nelken von einem Beistelltisch.

Geistesgegenwärtig unterdrückt Gabriela das Bedürfnis, sofort zu Pitt zu rennen und ihm um den Hals zu fallen. Denn die beiden Polizisten nähern sich vorsichtig dem mit Blumen überdeckten Killer um zu prüfen, ob keine Gefahr mehr von ihm ausgeht. Kurt legt ihm die Finger an die Halsschlagader und zeigt nach wenigen Augenblicken mit einem Kopfschütteln an, dass sie sicher sind. Pitt hat unterdessen Verstärkung angefordert und einen kurzen Lagebericht durch gegeben. Mit einem lauten Schluchzen umarmt Gabriela Pitt.

„Ich dachte, es ist vorbei mit uns,“ sagt sie erschöpft und sieht dabei zu Susi, die neben ihr steht und der die Tränen in Strömen übers die Wangen laufen. Kurt hat unterdessen die traurige Aufgabe übernommen zu schauen, ob einer der Polizisten noch am Leben ist. Aber leider hat er keinen Erfolg.

„Der Kerl war ein knallharter Profi,“ meint er kopfschüttelnd, „der hat panzerbrechende Munition benutzt. Die armen Schweine hatten trotz der Schutzausrüstung keine Chance. Ich kann es kaum glauben. Und was mir am schrägsten rüber kommt ist, wie der es in diese Sondereinheit geschafft hat.“

Mittlerweile hört man in der Ferne die Sirenen der heran nahenden Verstärkung und der Sanität. Nachdem die vier genau beschrieben haben, was vorgefallen ist, beginnt die Spurensicherung mit der Arbeit. Trassierbänder werden gespannt, Blitzlichter flammen auf und die Spuren werden mit Flüssigkreide gekennzeichnet. Vor dem Haus nimmt der Einsatzleiter Pitt und Kurt zur Seite um ihnen die Ereignisse im Revier mit Harry und Schreiner zu erklären. Er beeilt sich zu erläutern, dass es Harry so weit gut geht, dass er nur einen Streifschuss eingefangen hat, bevor sich die zwei zu grosse Sorgen machen können. Es sei nicht so schlimm, sagt er, denn Harry sei schon auf dem Weg ins Gefängnis, wo Moser junior und die Säger hingebracht wurden. Er wolle dort auf Pitt und Kurt warten, damit sie gemeinsam die zwei in einem knallharten Verhör in die Mangel nehmen können, um etwas über den ominösen Boss der Bande in Erfahrung zu bringen.



Den beiden Polizisten fällt ein Stein vom Herzen. Sie wollen sich auch gleich auf den Weg machen, doch nun haben sie ein Problem.

„Können wir uns einen Dienstwagen von euch ausleihen?“ fragt Pitt den Einsatzleiter.

„Warum denn?“

„Weil wir mit einem Zweisitzer unterwegs waren, jetzt aber zu viert sind,“ meint Pitt mit einem schrägen Lächeln und deutet auf den neben dem Mannschaftswagen in der Auffahrt stehenden Audi.

„Sie können mir die Schlüssel geben,“ meint der Einsatzleiter und blickt mit einem Lächeln zu dem Sportwagen, „ich bringe dann den Audi ins Revier, sie können mit dem Mannschaftswagen ins Gefängnis und ihn dann nachher wieder zurück in unseren Fuhrpark bringen.“




Bekommt der Audi-Besitzer den Wagen jemals wieder?

Was bekommen sie aus den Verhafteten heraus?

Wird Harry jetzt als Held gefeiert?

6 Kommentare:

railway hat gesagt…

Boah, in datt sichere Haus kannze ja getz schwimmen in datt ganze Blut.....
Sag mal, Geschichtenerzähler, hast Du eine blutrünstige Ader in Dir oder sind das noch die Auswirkungen von Halloween?

Wie sagte schon Eduard Zimmermann: Hallo Wien, Hallo Peter Nidetzki!
U(nd dann zu Konrad Töns ins Aufnahmestudio Zürich......

piepenhagen hat gesagt…

Menno, jetzt gehts rund. Echt krass, habs jetzt schon zum 3. Mal gelesen

geschichtenerzähler hat gesagt…

Jaja, wir Schweizer...wenn wir mal Blut geleckt haben ;-)

piepenhagen hat gesagt…

Jau, dat kam mitte Erfindung der Hellerbarde. Eine Sache, die nur erfunden wurde, da die Schweizer nur Hell singen konnten und deswegen mit einer Barde erstochen wurden.

PS. Wenn ich singen würde, würde ich mit nem Moerser erschossen ^^

geschichtenerzähler hat gesagt…

Meine gesanglichen Darbietungen würden wahrscheinlich auch von einem Panzer gestoppt werden ;-)

railway hat gesagt…

Nein, Piepenhagen, wenn Du singen würdest, dann würdest Du von allen Moersern erschossen......