Montag, 27. Juli 2009

Die Lagerhalle

Alles klar gegangen? fragte der vermummte Mann.
Ein Hüne von einem Mensch, fast zwei Meter groß und rund zweieinhalb Zentner schwer, nickte. "Die Wachen hier hatten nicht viel auf dem Kasten, waren ruckzuck überwältigt"
"Wo sind sie?"
"Aus dem Weg geschafft."
Der Vermummte mustert dast Gesicht mit der gebrochenen Nase, das Blumenkohlohr und die Zahnlücken. "Du machst gute Arbeit Theo."
Er beugt sich über Gabriela die gequält die Augen öffnet und anfängt zu schreien.
"Kommen Sie zu sich, wird höchste Zeit das Sie Pitt überreden, die Schnüffelei einzustellen."
"Nichts werde ich tun, Pitt wird mich hier schon ...." Weiter kommt sie nicht. Ihr wird der Atem abgeschnürt als der Vermummte ihr den Hals zudrückt.
"Genießen Sie etwa den Schmerz? Sie werden noch viel mehr zu spüren bekommen."

Einer der Männer des Vermummten kommt mit einem Funkgerät rein. "Der Posten an der Tür meldet, daß sich ein Auto nähert. Sollen wir ihm den Zutritt verwehren?"
"Laßt sie lieber herrein und stellt fest, wer es ist."

Okay, Pitt sagt Harry, aber was um himmels Willen willst Du hier, hier hausen höchsten Kanalratten. Wenn ich mich irre, dann ist die Spur zu Gabriela endgültig verschwunden, aber ich hoffe doch, daß sich Schimanski nicht geirrt hat.
"Wir werden sie finden" antwortet Harry.

Was haben wir denn an Waffen dabei?

Das Übliche antwortet Pitt, ich meinen alten 45er und Du mußt Dich mit dem Schraubenzieher hier begnügen. Harry verdreht die Augen und murmelt "War ja klar"

Beide werden von einem Posten angehalten. "Wie gehts der Kleinen?" fragt Pitt
"Der gehts gut" Der Posten bricht jäh ab , als Pitt ihm den Kolben seines Colts quer über die Stirn zieht, verdreht die Augen und sackt an der Tür zusammen.

Kaum ist der falsche Wachmann zu Boden gegangen, als die Beiden ihn zwischen die Baracken ziehen und sich im Pförtnerhaus umsehen. In einer Videoanlage sehen sie den Raum, indem Gabriela liegt. "Wir haben sie gefunden grunzt Harry und sie lebt.

"Wir müssen uns beeilen, die warten bestimmt auf Rückmeldung" antwortet Pitt und zieht sich die schwarze Kleidung des niedergeschlagenen Posten an. Zum Schluß zieht er die Skimaske über und schleicht aus dem Häuschen. "Es sind 4 Personen bei Gabriela, pass also gefälligts auf, habe keine Lust die da wieder raushauen zu müssen"

Pitt betritt ganz unbeachtet den Raum und spricht ganz leise "Sag dem Fetten, er soll Gabriela loslassen" "Was hast Du gesagt?" "Ich habe geagt, du sollst deinem Gorilla sagen, daß er seinen dreckigen Finger von dem Mädchen lassen soll" und zieht seine Skimaske herunter.

"Sie?" murmelt der Vermummte ungläubig. "Wartet! tötet ihn noch nicht"

"wenn Gabriela nicht sofort losgelassen wird, sind sie ein toter Mann"
Der Vermummte wirft Pitt einen belustigten Blick zu und fragt "wer denn, Sie etwa, Sie werden einen grauenvollen Tod erleiden"

Der Gorilla tritt einen Schritt vor und sagt "Es wäre mir eine große Ehre Chef, wenn ich mir diesen Hundesohn vornehmen dürfte" "Klar, ich habe nie an Deine Überzeugungskraft gezweifelt, er gehört Dir."

Der Gorilla dreht sich um und zuckt zusammen, Pitt hat ihm mit aller Gewalt zwischen die Beine getreten. Viel hat er aber nicht erreicht, denn der Gorilla schlägt Pitt die verschränkten Hände wie ein Schmiedehammer auf die Brust, was Pitt die Luft aus der Lunge treibt und ihn quer über den Tisch segeln läßt.

Pitt kämpft um sein Leben, aber er steht auf verlorenem Posten, wenn zwei gleichwertige Gegner gegenüberstehen, gewinnt der Größere. Der Gorilla zieht Pitt am Hals hoch und Pitt nimmt nur noch verschwommen war, wie Harry reinplatzt und den Schraubenzieher in den Nacken des Gorillas stößt. Pitt fällt auf den Boden, unfähig sich zu bewegen. Harry, der inzwischen Pitt´s Colt in den Händen hält, hat die Situation im Griff. Er richtet den Colt auf die Ganoven und zwingt sie die Waffen niederzulegen, als der Vermummt unglaublich schnell durch das Fenster springt und in der Dunkelheit verschwindet. In dem nun folgenden Durcheinander gelingt es den anderen Kidnappern ebenfalls zu fliehen.

Pitt rappelt sich hoch und befreit Gabriela von ihren Fesseln. Gabriela setzt sich auf und deutet auf den leblosen Gesellen. "Ist der Tod?" "Nein, noch nicht" antwortet Harry "habe ihn nur an der Schulter getroffen. Verhören können wir ihn im Moment zwar nicht, aber das kommt noch."

Gabriela fängt an zu weinen und Pitt drückt sie zärtlich an sich. "Ist ja schon gut Kleines und absofort trink ich nicht mehr." Höchstens die Hälfte vom Letzten mal denkt er sich. "Warum haben die dich gekidnappt?" "Die Formel ist weg, Vati hat mich in Verdacht, daß ich sie haben könnte" "und? hast Du sie"

"Nicht direkt, aber ich glaub ich weiß wo sie ist"

Hat Gabriela die Formel doch entwendet?
Müssen die vier Freunde jetzt erst recht um ihr Leben bangen?

Sonntag, 19. Juli 2009

Pitt und der Film


In seinem Büro in Duisburg sitzt Pitt nachdenklich hinter seinem Schreibtisch. „ Eine schweizer Fahne, schweizer Sprengstoff, ein schweizer Aufsichtsratsvorsitzender, die schweizer Armee, ein Sprengstoffanschlag in der Schweiz und der auf uns in Düsseldorf – wie passt das alles nur zusammen. Und, was haben das Klavier und der tote LKW-Fahrer damit zu tun?“
„ Ich kann mir dazu auch noch keinen Reim machen“, meint Harry.
Kriminalrat Schreiner hat die beiden seit einigen Tagen in Ruhe gelassen. Der Bericht, den Pitt und Harry eingereicht haben und der den beiden Beamten absolute Ratlosigkeit bescheinigt, scheint den Kriminalrat beruhigt zu haben. In dem Bericht steht aber auch wirklich nichts über die Ermittlungsergebnisse drin und das sonst so erfolgreiche Ermittlungsteam wirkt für den Leser des Berichtes eher unfähig.
Ja, früher, da war das alles ganz anders. Pitt denkt an die Zeit zurück, wo er in einer kleinen Dienststelle im Osten Deutschlands mit der Aufklärung diverser Juwelendiebstähle und Überfälle auf Juwelierläden beschäftigt war. Als junger Kommissar, frisch vom Laufbahnlehrgang, gelang es ihn in kurzer Zeit den Fall aufzuklären und die Juwelenbande, die sich „Kathrin und Crew“ nannte in eine Falle zu locken und festzunehmen. Erstaunlich war, dass diese Bande ihre Diebstähle und Überfälle unbewaffnet und mit ausgewählter Höflichkeit und Respekt vor den Opfern begangen hatte. Die ganze Beute, Juwelen und Uhren im Wert von 30 Millionen Euro konnte damals sichergestellt werden und Pitt flog die Karriereleiter empor. Als Hauptkommissar wurde er dann nach Duisburg versetzt, da sein Vorgänger an diesem Platz den Polizeidienst quittiert hatte. In der oberen Schublade von Pitts Schreibtisch liegt heute noch ein Paket Visitenkarten seines Vorgängers. Horst Schimanski, Kriminalhauptkommissar steht auf diesen Karten.
Harry verlässt das Büro und kommt kurz darauf mit zwei Bechern Kaffee zurück, die aus dem Automaten auf dem Flur des Präsidiums geholt hat. Der schmeckt zwar nicht wirklich, aber er ist heiß und eine gelungene Ablenkung.
„Ich muss Gabriela anrufen und um Verzeihung bitten“ denkt Pitt „Sie wird sicherlich Verständnis dafür haben, dass ich mich nach dem feigen Anschlag auf Harry und mich so habe vollaufen lassen“
Er greift zum Telefon und wählt Gabrielas Nummer. Sie meldet sich nicht und ist auch auf ihrem Handy nicht erreichbar. „ Sicher ist sie noch sauer, ich war aber auch so was von blöd…..“
Da klingelt das Telefon. Pitt meldet sich.“ Hier Brett, was gibt´s“ – Hauptmeister Murkelmann hier, wissen Sie, von der Hauptpforte. Hier ist ein Fahrradkurier, der ein Paket für Sie hat. Kommen Sie es holen? Der Kurier will es nur Ihnen persönlich geben“
„Nein, bringen Sie es rauf und den Kurier direkt mit, wenn er mir selbst geben will.“
Fünf Minuten später steht der uniformierte Beamte von der Pforte zusammen mit dem Kurier im Büro von Pitt und Harry. Es ist ein seltsames Bild, der Beamte in seiner korrekten Uniform neben dem Fahrradkurier in seiner engen Radlerhose, dem gelben Fahrradtrikot und dem Fahrradhelm.
Pitt unterschreibt für das Paket, drückt dem Kurier fünfzig Cent Trinkgeld in die Hand und will das Paket öffnen.
„ Danke für diese Großzügigkeit. Davon lade ich meine Freundin heute Abend groß zum Essen ein. Drei bis vier einzelne Pommes kriegen wir dafür bestimmt!“ murrt der Kurier und verlässt schimpfend das Büro.
„Mal sehen, was das hier ist.“ Pitt reißt das Paket auf. In einem Schuhkarton findet Pitt unter einer großem Menge von Zeitungsschnipseln eine CD-Hülle und in dieser liegt eine CD.
Pitt holt sein Laptop aus der Schreibtischschublade und legt die CD ein, nachdem er das Gerät eingeschaltet und hochgefahren hat. Auf der CD befindet sich ein kleiner Film. Pitt startet die Wiedergabe.
Ein Gruß für Pitt Brett ist der Titel des Films, und die ersten Minuten zeigen Bilder aus dem Berner Oberland. Einige dieser Orte kennt Pitt seit seinem Besuch bei Kurt. Als Hintergrundmusik ist die Musik einer Alphornbläsergruppe zu hören.
„Sicher singt gleich noch irgend so ein Alpenheinz das Lied der Berge“ sagt Pitt genervt.
Da wechseln plötzlich die Bilder – Pitt sieht jetzt den brennenden Dienstwagen im Parkhaus des Düsseldorfer Flughafens. Er sieht sich und Harry auf dem Boden kauern. Eine vom Computer verfremdete Stimme beginnt zu sprechen.
„Na, Brett, hast Du noch nicht genug? Hat dir das noch nicht gereicht?“ Pitt schluckt und winkt Harry heran.
„Glaube nicht, dass das schon Alles war, was wir Dir zu bieten haben, wenn Du nicht die Finger aus dieser Sache heraushältst. Sprengstoff haben wir noch genug, wie Du ja bereits gehört hast und vielleicht liegen ja schon unsere Überraschungspakete in deiner oder Nagels Wohnung. Oder in der Eckkneipe, wo du nach Feierabend rumhängst. Oder unter Deinem Schreibtischstuhl? Na, schon nachgeschaut?
Oder in der Wohnung dieses schweizerischen Schnüfflers, mit dem Du dich so angefreundet hast?
Wir sitzen in jedem Fall am längeren Hebel.“ Im Film erscheint eine Aufnahme von Kurts lächelndem Gesicht. Ganz langsam wird ein Fadenkreuz eingeblendet, dessen Mitte auf Kurts Stirn zeigt. Die Stimme lacht laut und durch die elektronische Verzerrung klingt das Lachen sehr metallisch.
„Ach ja, was Du noch wissen musst, wir haben Dir etwas weggenommen, was Du sicher wiederhaben möchtest.“ Pitt fällt auf, dass die Stimme zwar stark verfremdet ist, der schweizer Akzent ist aber nicht zu überhören.
„ Keine Angst, du bekommst es zurück! Nur wann oder ob es am Stück oder in vielen kleinen Einzelteilen sein wird, das entscheidest Du allein!“ Die Stimme beginnt zu lachen und Pitt laufen eiskalte Schauer über den Rücken.
"Wir melden uns bald bei Dir. Und solange hältst Du das Maul, klar?"
Auf dem Bildschirm ist ein Bett zu sehen, auf dem eine nur mit Höschen und BH bekleidete junge Frau zu sehen ist, die mit verbundenen Augen an das Bett gefesselt ist. Wieder beginnt Musik zu spielen. Dieses Mal ist es „Highway to Hell" von AC/DC. Die Kamera schwenkt auf den Kopf und zoomt in das Gesicht der jungen Frau.
„Ihr Schweine“ brüllt Pitt. Die Frau in dem Film ist Gabriela, seine Gabriela.

Von wem kommt der Film?
Woher wissen die Alles?
Wie kommt Gabriela in die Hände der Verbrecher?

Samstag, 11. Juli 2009

Kurt und die Luxemburgerli

Als Pitt aufschaut, hat der Fremde das Zimmer schon verlassen.

„Was ist denn los?“ fragt der durch den Tumult aufgewachte Harry verwirrt.

„Gleich,“ antwortet Pitt und rennt auf den Krankenhausflur, in der Hoffnung, den Flüchtenden noch zu sehen. Aber der Flur liegt völlig verlassen vor ihm. Er war zu langsam. Pitt sieht ein, dass eine Verfolgung des Unbekannten keinen Sinn macht, da der über viele verschiedene Wege das Spital verlassen kann. Und Verstärkung anfordern? Ja klar, dann wird wahrscheinlich jemand geschickt, der mit den anderen unter einer Decke steckt. Diese Situation frustriert ihn völlig. Ihm wird immer mehr bewusst, dass er mit Harry zusammen alleine dasteht. Er kehrt zurück ins Zimmer und sagt dem ziemlich verdutzt schauenden Harry: „Keine Fragen, steh auf, zieh dich an und dann weg hier. Wir sind unseres Lebens nicht mehr sicher.“

„Aber....“ beginnt Harry.

„Kein aber,“ wird er von Pitt rüde unterbrochen, „Erklärungen gebe ich dir unterwegs. Wir müssen hier so schnell wie möglich abhauen.“ Er bückt sich und nimmt die am Boden liegende Spritze hoch. Während sich Harry ankleidet, schaut sich Pitt suchend im Zimmer um, bis er eine Schachtel mit Gummihandschuhen findet. Er entnimmt ihr die Hälfte der Handschuhe, legt die Spritze vorsichtig hinein und stopft dann die anderen Gummihüllen wieder hinein. Wieder ein Paket für Kurt, denkt er sich. Es würde mich wundern, sollte in der Spritze Kochsalzlösung oder ein Schmerzmittel drin sein.

Beide verlassen unbeobachtet die Klinik, steigen in den Dienstwagen und machen sich aus dem Staub. Während der Fahrt erzählt Pitt dem staunenden Harry alles, was mittlerweile geschehen ist. Bei der Stelle, als Pitt kurz seinen Abend mit der bezaubernden Gabriela und der darauf folgenden Enttäuschung der Nacht beschreibt, schüttelt Harry den Kopf und kommentiert kurz und trocken mit „Du Vollidiot“.

Sie einigen sich darauf, wie gehabt weiterzumachen. Getürkte Berichte nach oben abzugeben um sich für die effektiven Nachforschungen und Ermittlungen Luft zu verschaffen.

„Ab sofort sind wir siamesische Zwillinge,“ sagt Pitt, während er den Wagen durch den Verkehr lenkt, „wir werden Nomaden. Wir schlafen jede Nacht woanders, bei dir, bei mir, in einem Hotel. Wir müssen auch immer in Bewegung bleiben um kein statisches Ziel abzugeben. Und keiner von uns macht etwas ohne den anderen. So können wir uns gegenseitig überwachen.“

„Ist gut,“ meint Harry nicht gerade überschwenglich begeistert, „ich denke, das ist die zur Zeit beste Idee. Denn ich habe auch keine Lust, so jung schon Vegetarier zu werden und ins Gras zu beissen.“


Kurz vor Mittag erhält Kurt Pflümli ein Plastikcouvert von einem Kurier zugestellt. Er entnimmt ihm ein kleines Metallteil und einen flüchtig bekritzelten Zettel. Er liest: Hallo Kurt, bitte lass das Teil von deiner Spurensicherung mal testen. Ist von dem Anschlag gegen uns, von dem ich dir am Telefon erzählt habe. Ich traue hier niemandem mehr. Pitt

Kurt dreht das Teil in den Fingern hin und her während er die Nummer von Monika Marty wählt. Er erklärt ihr kurz die Situation und bringt ihr darauf hin das Corpus Delicti runter in die Spurensicherung.


Pitt schaut sich in Harrys kleiner Wohnung um und testet die Härte des Sofas. „Für eine Nacht wird das wohl reichen müssen.“ Er setzt sich und schliesst für einen kurzen Moment die Augen. Er spürt, wie die Anstrengung der letzten Tage und auch der Bombenanschlag ihren Tribut fordern und ihn langsam an die Grenzen der Belastbarkeit bringen. Harry setzt sich neben ihn aufs Sofa, mit einer Büchse Cola, die er Pitt in die Hand drückt.

„Vielleicht nützt das ein wenig,“ meint er dabei, „du siehst aus, als könntest du etwas Koffein vertragen. Du siehst nämlich beschissen aus.“

„Du mit deinem riesigen Pflaster an der Birne hast es nötig, so grosse Töne zu spucken.“ Pitt richtet sich auf und leert die halbe Dose in einem Zug. „Wir sehen beide nicht so aus, als hätten wir keine Ferien nötig.“ Er nimmt nochmals einen grossen Schluck und sagt: „Und nun frisieren wir zusammen einen wunderbar nichtssagenden Bericht für unsere Chefetage. Lass uns kreativ sein.“


Am frühen Nachmittag klingelt das Telefon auf dem Schreibtisch. Kurt Pflümli greift zum Hörer um den eingehenden Anruf entgegen zu nehmen. Er kommt gar nicht dazu sich zu melden als auch schon eine energische Stimme aus dem Hörer schallt: „Hier ist Monika, wenn du nichts Besseres zu tun hast, dann schwing deinen Knackarsch zu mir....und wenn du schon mal unterwegs bist, dann organisiere auch gleich einen Dessert, sonst kriegst du keinen Kaffee....“

Ein lautes Klicken und das anschliessende Besetztzeichen geben Kurt zu verstehen, dass es keinen Sinn macht noch irgend etwas sagen zu wollen, wenn er nicht mit der unendlichen Leere des Telekommunikationsraumes reden will.

Nach wenigen Minuten betritt Kurt die heiligen Hallen der Spurensicherung von Monika Marty.

„Wo ist der Dessert?“ wird er aus dem Hintergrund angeblafft.

„Hier,“ antwortet er mit einem schelmischen Grinsen und hält eine kleine Schachtel in die Höhe, „jetzt staunst du aber, oder?“


„Da hast du ziemlich Glück gehabt,“ tönt es aus dem hinteren Bereich des Labors, „wie nimmst du deinen Kaffee?“

„Schwarz,“ antwortet Kurt in die Richtung der imaginären Stimme, „genau so wie deine Seele.“

„Ich liebe dich auch.“ Marty kommt mit zwei grossen, dampfenden Kaffeebechern um die Ecke und stellt sie bei Kurt auf den Labortisch. Kurt bietet Monika ein Luxemburgerli von Sprüngli aus der mitgebrachten Schachtel an, nimmt einen Schluck Kaffee und fragt, während er sich gegenüber von ihr auf einen Stuhl setzt:

„Ich kenne dich mittlerweile schon so gut, dass ich weiss, dass du mir unbedingt etwas erzählen willst, was du herausgefunden hast, weil du sonst fast platzt.“

„Klugscheisser.“ Marty lächelt siegessicher und beginnt: „Ich habe einiges in Erfahrung bringen können. Und das ist sehr eigenartig...“ Sie zeigt Kurt die Streichholzschachtel. „Hier drin waren nicht nur Streichhölzer. Ich habe winzige Reste eines Klebers festgestellt. Und zwar an der inneren Oberseite der Schachtel. Das heisst, dort hat mal was geklebt. Das ist sehr aussergewöhnlich, finde ich.“

„Das ist es in der Tat,“ meint Kurt nickend.

„Den Klebstoff konnte ich definieren. Es handelt sich dabei um Tesa Film Kleber. Und zwar um den wieder ablösbaren. Was mir aber immer noch Kopfzerbrechen bereitet ist die Fahne. Mit der komme ich nicht weiter. Die Qualität ist so aussergewöhnlich, dass ich sie bis jetzt noch keinem eindeutigen Hersteller zuordnen konnte. Aber ich lasse nicht locker.“

Kurt grinst: „Ich weiss, du bist schlimmer als ein Pitbull, der sich in etwas verbissen hat.“

Marty nickt anerkennend: „Ich fasse das als Kompliment auf, vor allem, wenn es aus deinem Mund kommt.“ Sie betrachtet Kurts Gesicht und denkt bei sich: Schade, dass ich nicht zehn Jahre jünger bin, der Kerl bringt mich zum Schmelzen. „So,“ sagt sie energisch mehr zu sich selbst, um nicht in mädchenhaften Träumereien zu versinken, „du hast mir vor dem Mittag noch etwas zur Untersuchung gebracht. War ja keine Schwierigkeit, das Zeug zu analysieren. Das Metallteil ist der Rest einer grossen Keksdose die überall im Handel erhältlich ist. Sogar bei uns in der Schweiz. An den Kanten unter den Rauchspuren konnte ich kleinste Reste einer Substanz extrahieren, die sich bei der Analyse als spezieller Plastiksprengstoff entpuppte.“

Kurt schluckt den letzten Bissen seines Luxemburgerlis herunter und fragt: „Speziell? Wieso speziell?“

„Speziell deshalb, übrigens, du hast da noch Krümel an deinem Mund.“ Kurt wischt sie mit dem Handrücken weg. „Weiter im Text, speziell darum, weil diese Art von Plastiksprengstoff nur in der Armee verwendet wird. Die Sprengkraft ist um einiges höher als die des normalen Sprengstoffs. Ich bin dann der Sache nachgegangen, auf die dich dein Kollege aus Deutschland aufmerksam gemacht hat.“

„Du meinst sicher den Bombenanschlag auf unsere Kollegen vor zweieinhalb Jahren in Bern?“

„Jawohl, denn im Archiv in den dürftigen Akten zu dem Fall ist verzeichnet, dass dort derselbe Sprengstoff eingesetzt wurde. Die Formel ist identisch. Chemikalisch genau die selbe Sorte. Ich habe dann darauf hin in der zentralen Datenbank eine sehr überraschende Entdeckung gemacht.“

„Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen.“ Kurt rutscht schon ganz unruhig auf seinem Stuhl hin und her.

„Vor knapp drei Jahren wurde in Birmensdorf, etwa eine halbe Stunde von hier entfernt, in einem der grössten Schweizer Armeeausbildungszentren, in das Waffenlager eingebrochen und sage und schreibe ganze zwanzig Kilo von dem Teufelszeug geklaut. Bis zum heutigen Tage gibt es keine Spur von den Tätern.“

„Unglaublich.“ Kurt schüttelt langsam den Kopf. „Und kurz darauf werden in Bern fünf unserer Kollegen damit umgebracht und jetzt taucht das Zeug in Duisburg auf.“ Kurt hält es nicht mehr auf seinem Stuhl. Er steht auf und wandert gedankenverloren im Raum auf und ab. Marty hält ein Blatt Papier in der Hand und liest vor: „Der Oberst, dem die Anlage untersteht, wollte anfangs den Deckel des Schweigens über die Angelegenheit legen. Aber nach dem Anschlag in Bern und dem Druck durch den bundesrätlichen Polizeivorsteher wurde diese Strafsache aus der Datenbank der Militärpolizei auch in unsere Datenbank überspielt.“

„Zu recht,“ sagt Kurt, „denn das ist kein Problem, das nur die Armee etwas angeht.“ Er hat einen Entschluss gefasst. „Ich fahre jetzt gleich zu dieser Anlage und sehe mir die Sache mal vor Ort an. Ich habe da so ein komisches Gefühl in der Magengegend das mir sagt, dass da nicht alles so ist wie es den Anschein hat.“ Er dreht sich um, geht zu Monika, umarmt sie kurz und drückt ihr einen Kuss auf die Wange. „Du bist die Beste,“ sagt er ihr, zwinkert mit einem Auge und lässt eine völlig verdatterte und zum ersten Mal seit langem sprachlose Marty mitten im Raum stehen.


Keine Stunde später parkt Kurt seinen Wagen neben dem Exerzierplatz der riesigen Kasernenanlage im Reppischtal. Er steigt aus, blickt sich kurz um und läuft auf den Eingang zu. Er fragt den wachhabenden Offizier am Empfangsbüro nach dem Verantwortlichen der Kaserne. Der Soldat greift nach dem Telefon und wählt eine zweistellige interne Nummer und nach kurzem Warten erklärt er dem Angerufenen am anderen Ende der Leitung, dass jemand von der Kriminalpolizei den Oberst sprechen möchte. Nachdem er aufgelegt hat sagt er zu Kurt: „Oberleutnant Nyffenegger ist auf dem Weg. Sie können sich solange dort setzen,“ und deutet auf eine Bank hinter Kurt. Dieser bedankt sich mit den Worten, dass er lieber stehen bleibt.

Nach einer kurzen Wartezeit hört Kurt energische Schritte, die sich schnell in seine Richtung nähern. Einen Wimpernschlag später biegt der Oberleutnant in Kampfmontur um die Ecke und marschiert mit durchgedrücktem Kreuz zu Kurt.

„Mein Name ist Nyffenegger, Oberleutnant Nyffenegger. Der Herr Oberst ist zur Zeit gerade nicht abkömmlich. Ich hoffe, ich kann ihnen auch behilflich sein. Wenn sie mir bitte in mein Büro folgen wollen?“ Kurz darauf betreten die beiden einen spartanisch eingerichteten Raum. „Nehmen sie doch bitte Platz,“ sagt Nyffenegger und deutet auf einen Stuhl, der vor dem penibel aufgeräumten Schreibtisch steht.^“Wie kann ich ihnen helfen, Herr Pflümli?“

„Ich danke ihnen,“ beginnt Kurt, „dass sie so kurzfristig Zeit für mich haben.“ Nyffenegger nickt förmlich, legt die Finger aneinander und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. „Es geht um folgenden sachverhalt,“ erklärt Kurt und erzählt dem Oberleutnant von den bisherigen Ereignissen des laufenden Falles und schliesst mit den Worten: „Und der Sprengstoff stammt zweifelsfrei von dem hier verübten Einbruch. Deshalb möchte ich mich vergewissern, dass bei den Vernehmungen damals nicht ein wichtiges Detail übersehen wurde.“

Nyffenegger hat seine locker Art zu sitzen während Kurts Beschreibung gegen eine aufrechte, steife Haltung und ein erstauntes Gesicht eingetauscht.

„Ich bin gelinde gesagt schockiert,“ antwortet der Militarist, „ich war bei den Ermittlungen damals auch zugegen, aber dass unterdessen solch feige Anschläge stattgefunden haben, davon hatte ich keine Kenntnis.“ Er schüttelt den Kopf. „Normalerweise, wenn Waffen oder Sonstiges verschwinden, dann werden sie schnellstmöglich ausser Landes geschafft, und man sieht und hört nichts mehr davon.“


Er steht plötzlich auf und sagt zu Kurt: „Kommen sie, ich zeige ihnen das Waffenlager vor Ort.“

Kurt springt auf und beinahe Mühe, dem drahtigen Oberleutnant zu folgen. Nach einem kurzen Marsch stehen sie vor einem graugrün und braun gestrichenen Bunkergebäude.

„das hier ist das Waffenlager, erklärt Nyffenegger, „wie sie sehen, mit moderner Technik verschlossen. Sie benötigen dazu eine Magnetkarte sowie einen achtstelligen Zugangscode, zusätzlich noch einen speziellen Schlüssel, der elektromagnetisch codiert ist. Und mit dessen Hilfe im zentralen Rechner gespeichert wird, wer wann das Lager betritt und wieder verlässt. Sie brauchen den Schlüssel nämlich auch, um das Waffenarsenal wieder verlassen zu können.“

Der Oberleutnant zieht hinter seinem Trikotkragen eine Panzerkette hervor, an der ein komisch aussehender Schlüssel hängt und stählern in der Sonne glänzt. „Im Normalfall schreiben die Vorschriften vor, dass immer mindestens zwei höhergestellte Dienstgrade zusammen das Lager betreten, um Unstimmigkeiten und krumme Dinger schon im Keim zu ersticken.“

Kurt nickt beeindruckt. Er beobachtet, wie Nyffenegger die Mechanismen zum Öffnen des Lagers bedient und folgt dem Oberleutnant in die von aufflackernden Neonröhren erhellte Halle. Dort stehen, so weit das Auge reicht, Kisten an Kisten, gefüllt mit den verschiedensten Waffen und Munition. Kurt betrachtet dieses Arsenal der Vernichtung leicht angewidert.

„Aus diesem Raum wurde der Sprengstoff gestohlen,“ erklärt Nyffenegger. Er schüttelt schmunzelnd den Kopf. „Und eine Fahne, die wir jedesmal für die 1. August Feier hissten, haben die Täter auch mitgenommen.“


Kurt Pflümli hat das Gefühl, nicht richtig gehört zu haben. „Eine Fahne? Was für eine Fahne?“ fragt er.

„Eine Schweizer Fahne natürlich.“ antwortet der Oberleutnant etwas verständnislos.



Warum haben die Täter die Schweizer Fahne geklaut?

Ist es die selbe Fahne wie die von Duisburg?

Ist Gabriela immer noch sauer?

Samstag, 4. Juli 2009

Bombenstimmung macht sich breit

Kurz darauf bringt der Kellner das von Pitt bestellte Alt. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen,“ sagt Pitt zu Gabriela. „So viel Bier kann ich gar nicht trinken, dass es ein Problem wird für mich,“ meint er und nimmt einen grossen Schluck.

Nachdem Pitt die nicht gerade günstige Rechnung beglichen hat, machen sich die beiden zurück auf den Weg in ihr Zimmer in der Pension. Dort angekommen greift sich Gabriela eine der Einkaufstüten vom nachmittäglichen Shopping in der KÖ. Auf dem Weg zum Bad sagt sie verschwörerisch und lasziv zu Kurt: „Ich mache mich etwas frisch. Du kannst inzwischen die Kerzen entzünden, das Licht löschen und dich auf eine prickelnde Überraschung vorbereiten.“ Mit einem verführerischen Augenaufschlag verschwindet sie im Bad und schliesst die Türe hinter sich.

Pitt zieht seine Jacke aus und setzt sich voller Vorfreude aufs Bett.

Gabriela stellt die Tüte aufs Klo und beginnt damit, sich auszuziehen. Nackt greift sie in die Tasche und zieht ihre Neuerwerbung vom Nachmittag heraus. Ein sündiges Ensemble bestehend aus einem roten Spitzenbüstenhalter und einem sehr knapp geschnittenen Stringtanga. Durch den dünnen Stoff des Bhs kommen ihre üppigen Brüste voll zur Geltung. Der Stoff zeigt mehr als er verbirgt. Vorsichtig zieht sie die roten Nylonstrümpfe, die bis in die Mitte der Oberschenkel reichen, an und überprüft kritisch den perfekten Sitz. Sanft streicht sie mit den flachen Händen über ihre Füsse, vorbei an den schlanken Knöcheln über die wohlgeformten Waden bis an die Oberschenkel und stellt sich dabei vor, dass es Pitts Hände sind. Mit dem Eyeliner zieht sie noch ihren Lidstrich nach und verleiht ihrem Blick mit Wimperntusche zusätzliche Tiefe. Das bringt ihre himmelblauen Augen regelrecht zum Leuchten. Sie wühlt kurz in ihrer Handtasche und fördert ein Fläschchen Alien zutage. Zwei kleine Spritzer davon hinter die Ohren reichen, um sich mit einem verführerischen Duft zu umhüllen. Mit wenigen Strichen der Haarbürste bringt sie ihre Frisur in Form und betrachtet sich, zufrieden mit dem Ergebnis, im Spiegel. Als krönenden Abschluss zieht sie die hochhackigen, glänzend roten, Stilettos an.

Ein letzter kritischer Blick in den Spiegel bestätigt Gabriela, dass sie eine sehr begehrenswerte Frau ist. Sie zwinkert sich selbst zu, dreht sich um und öffnet die Badezimmertür. Sie löscht das Licht im Bad, blickt in das Zimmer und............erstarrt.

Vor ihr auf dem Bett liegt Pitt, komplett angezogen, auf dem Rücken und schnarcht laut vor sich hin. In der einen Hand hält er noch die Streichhölzer, mit denen er die Kerzen entzünden sollte.

Frustriert lässt Gabriela die Badezimmertür ins Schloss fallen. Aber der laute Knall zeigt bei Pitt keinerlei Wirkung. Gabriela, mit in die Seite gestemmten Armen, steht neben dem Bett und sagt scharf: „Na warte, Pitt!“


Am nächsten Morgen erwacht Pitt mit einem enormen Brummschädel und dem abartig ekligen Gefühl, auf seiner Zunge sei über Nacht ein pelziger Rasen gewachsen. Nur mit Mühe schafft er es die Augen langsam zu öffnen. Die Sonne scheint durch das Fenster herein und die Strahlen fallen genau auf sein Gesicht. Er merkt, dass er etwas in der Hand hält und dass sich irgend etwas auf seinem Bauch befindet. Mit grosser Anstrengung hebt er den Kopf und sieht einen Haufen Kerzen, die kreuz und quer auf seinem Unterleib liegen. Einige schauen auch aus den Taschen seiner Hose raus. Dann betrachtet er verwundert die Streichholzschachtel, die er immer noch umklammert. Was zum Geier ist gestern Abend eigentlich passiert? fragt er sich, ich muss Gabriela fragen, ob eine Dampfwalze über mich drüber gerollt ist, so wie ich mich fühle.

Apropos Gabriela. Er dreht sich mit einem leisen Stöhnen auf die Seite, und realisiert erst jetzt, dass er noch komplett bekleidet ist, inklusive der Schuhe, die er noch an den Füssen trägt.

Die Seite neben ihm ist leer. Bis auf ein Blatt Papier, welches auf dem Kopfkissen liegt und auf dem gross sein Name geschrieben steht. Er faltet das Blatt auseinander und liest:

Hallo Pitt

Der Tag mit dir war wunderbar und das Essen ausgezeichnet. Leider hat der Abend aber eine etwas brüske Wendung genommen. Du kannst dir sicher vorstellen, dass ich unter romantisch etwas anderes verstehe, als neben einem an Selbstüberschätzung leidenden Schnarcher zu liegen.

Ich bin der Meinung, dass ich eine bessere Behandlung verdient habe. Sollte sich deine Einstellung mir gegenüber zu meinen Gunsten verbessern, du hast ja meine Nummer. Machs gut.

Gabriela


Pitt sitzt mittlerweile hellwach auf dem Bett und hat grösste Lust, mit dem Kopf voran mit Volldampf in die Wand zu rennen. Was bin ich doch für ein verdammter Idiot, ein primitiver Depp. Ein toller Abend mit meiner Traumfrau und ich Spinner versaue mir alles weil ich nicht merke, wann ich genug habe. Da überlebe ich einen Bombenanschlag, nur um mich nachher wie das letzte Rindvieh zu benehmen.

Während er duscht, das Zimmer bezahlt und mit dem Taxi ins Spital zu Harry fährt, flucht und schimpft er pausenlos über seine Blödheit und zermartert sich sein Gehirn darüber, wie er sich am besten bei Gabriela entschuldigt. Und ob er den angerichteten Schaden jemals wieder gerade biegen kann.

Vor der Intensivstation trifft er den verantwortlichen Arzt. „Und, wie stehts um Harry?“ will er von ihm wissen.

Der Arzt blickt ihn an und antwortet: „Eigentlich einigermassen gut. Den Umständen entsprechend halt. Er hat eine Gehirnerschütterung davongetragen. Und bei der Schwere der Kopfverletzung halte ich es für das Beste, er bleibt noch einen Tag länger hier zur Beobachtung.“

„So wie ich Harry kenne, wird ihm das aber gar nicht gefallen,“ meint Pitt. In dem Augenblick läuft eine gutgebaute, wunderschöne, blonde Krankenpflegerin an den beiden vorbei und betritt das Zimmer, in dem Harry liegt. „Ich korrigiere mich, ich glaube eher, dass sie ihn morgen aus dem Haus heraus prügeln müssen.“ Beide grinsen, bis der Arzt in eine Seitentasche seines Kittels greift und ein kleines Teil hervor holt.

„Dieses Ding hatte ihr Kollege in der Hand, als er hier eingeliefert wurde. Er hielt es krampfhaft fest. Er wollte es unbedingt nur ihnen persönlich geben. Durch die schmerzstillenden Morphiumspritzen war er halbwegs im Delirium und wiederholte immer die gleichen Worte: Pitt schick Kurt. Immer diese drei Worte hat er beinahe geschrien.“ Der Arzt legt Pitt das Teil in seine ausgestreckte Hand. Pitt hält es sich nahe vor die Augen und studiert das verbogene Etwas. Wahrscheinlich ein Überrest vom Wagen, denkt sich Pitt. Auf die Frage, ob er zu Harry kann meint der Arzt, dass er sicher gerade mit der Morgentoilette beschäftigt ist. Darum sei auch die Pflegerin ins Zimmer gegangen. Und er glaube kaum, dass ihr der Patient sagen werde, dass er sich problemlos allein waschen könne. Pitt schüttelt nur den Kopf, bedankt sich beim Arzt und verabschiedet sich. Vor dem Eingang besteigt er ein Taxi und lässt sich ins Revier fahren. Dort bekommt er einen neuen Dienstwagen. Der Mechaniker erklärt ihm, dass eine spezielle sensorische Alarmanlage eingebaut ist, die es unmöglich macht unbemerkt irgendetwas an dem Auto zu manipulieren. Danach eilt Pitt in sein Büro um zu schauen, was sich alles auf seinem Schreibtisch angesammelt hat. Ein Bericht der Spurensicherung sticht ihm sofort ins Auge. Er betrifft den Bombenanschlag auf ihn und Harry. In wenigen Worten wird beschrieben, dass keinerlei verwertbare Spuren gefunden werden konnten. „Das kann doch gar nicht sein!“ denkt sich Pitt aufgebracht, „was sind denn da für Dilettanten am Werk?“ Stinksauer nimmt er den Telefonhörer zur Hand und beginnt, die Nummer der Abteilung für Spurensicherung einzutippen. Mittendrin aber stoppt er und legt den Hörer langsam wieder auf die Gabel. Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück.

„Ach du Scheisse,“ geht ihm durch den Kopf, „das darf doch nicht wahr sein.“ Er springt auf und rennt hinunter zu seinem neuen Dienstwagen und rast damit in das Parkhaus. Dort angekommen steht er fassungslos vor dem Tatort und erkennt den Platz nicht mehr. Nichts. Einfach nichts. Der Platz sieht aus wie abgeleckt. Der Boden ist so sauber, dass man direkt von ihm essen könnte. Die beschädigten Säulen, die verbrannte Decke und die Brüstung sind frisch gestrichen. Pitt riecht sogar noch den Geruch der Farbe. Nichts, aber auch rein gar nichts deutet darauf hin, dass hier vor wenigen Stunden eine Autobombe hochgegangen ist. Pitt dreht sich um und sein geschultes Auge entdeckt ein paar Meter weiter einen kleinen Fetzen unter einem parkierten Auto. Auf den Knien greift Pitt unter den Wagen und holt das kleine etwas hervor. Mit einem leisen Pfiff betrachtet er das Ding. Es ist ein Fetzen von einem Polizei Trassierband, welches jeweils dazu benutzt wird, Tatorte vor unbefugtem Betreten abzusichern.

„Diese gottverdammten Schweine,“ denkt sich Pitt und eine riesige Leere macht sich in ihm breit, als ihm bewusst wird, dass er niemandem mehr über den Weg trauen kann. Er setzt sich in seinen Wagen und blickt gedankenverloren auf das Armaturenbrett. Und plötzlich, wie aus dem Nichts fällt ihm die Erkenntnis wie Schuppen von den Augen. Jetzt ist ihm klar, was Harry mit dem Metallstück wollte. Pitt startet den Wagen und rast zum nächsten Kurierdienst in der Stadt und gibt das Teil als Expresslieferung nach Zürich auf. Danach rast er wie vom wilden Stier getrieben in Richtung Spital. Mit quietschenden Reifen bremst er vor der

Notaufnahme und rennt in das Gebäude. Wie von Sinnen hetzt er die Treppe in das zweite Geschoss hoch, kurvt schlitternd um die Ecke und stürmt ohne anzuklopfen in das Zimmer, in welchem Harry liegt.


Und dann geht alles sehr schnell.


Ein Unbekannter steht neben dem Bett, mit einer voll aufgezogenen Spritze in der einen und dem Infusionsbeutel in der anderen Hand. Als er Pitt in den Raum stürmen sieht, reagiert er blitzschnell, lässt alles fallen, senkt den Kopf und befördert den überraschten Polizisten mit einem brachialen Stoss in die Ecke des Raumes, wo Pitt über einen kleinen Tisch fällt, sich heftig den Kopf an der Wand stösst und leicht benommen liegen bleibt.



Wer ist der Unbekannte?

Was ist in der Spritze?

Und ist sie steril?

Freitag, 3. Juli 2009

In eigener Sache: der 1000ste Leser......

So jetzt ist es soweit. Der 1000ste Zugriff auf unseren Krimi erfolgte heute!
Unsere Glücksfee haselnuss hat unter unseren kommentierenden Lesern vor den Augen unseres Aufsichtsbeamten (also mir) den Gewinner einer Rolle in unserem Krimi völlig fair ausgelost!

Es ist (dezenter Trommelwirbel) :

Kathrin und Crew!

Liebe Kathrin, in einer der nächsten Folgen bist Du mit einer Gastrolle in unserem Krimi dabei!
Ich hoffe, Dir graut schon vor dem was kommen wird. Hast Du in der letzten Zeit vielleicht ein Klavier geklaut oder jemanden umgebracht? In diesem Blog wirst Du es erfahren!