Freitag, 29. Mai 2009

Moser im Visier oder Die Überraschung

„Wo hat ihr Mann gearbeitet? Doch nicht etwa bei der Firma Duisburger Klaviertransporte im Innenhafen?“ - „Ja, genau da,“ sagt Frau Strasser. „Und er war erst ein paar Tage bei der neuen Firma, da hat man seinen LKW vom Hof gestohlen. Sie glauben gar nicht, wie peinlich ihm das ist.“

Wieder klingelt ein Mobiltelefon. Diesmal ist es das von Harry. Dr. Schwertfeger von der Gerichtsmedizin ist es. Die Wasserleiche von der Sechs-Seen-Platte ist tatsächlich Herbert Strasser. Die Kopfwunde könnte von einem schweren, runden Gegenstand stammen und ist die Todesursache. Die Identität konnte mit Hilfe eines Röntgenbildes, das der Zahnarzt des Opfers zur Verfügung stellen konnte, genau festgestellt werden. Der Zahnarzt ist ein Studienfreund des Gerichtmediziners und konnte kurzfristig auf dem kleinen Dienstweg helfen.

Die Aufgabe, Frau Strasser den Tod ihres Mannes mitzuteilen, fällt Pitt zu und mit Geschick kann er diese schwere Aufgabe hinter sich bringen. Frau Strasser möchte ihren Mann unbedingt noch einmal sehen und die Polizisten haben große Mühe, die Frau davon zu überzeugen, dass es besser ist, ihren Mann so wie er war in Erinnerung zu behalten. Wasserleichen sind nun mal ein grausamer Anblick.

Zwei Stunden später sind die Beamten auf dem Weg ins Präsidium. „Jedes Mal ist es wieder so schwer wie beim ersten Mal“ meint Pitt. “Ich mach das nicht gern. Und ich hab immer noch Hunger. Bei MäcDagoberts können wir uns erstmal nicht mehr sehen lassen, aber dahinten ist aber eine Filiale von Börger Prinz, lass und da mal anhalten.“

Gesagt, getan. Pitt und Harry lassen sich ihr Essen in eine braune Tüte packen und gehen zurück zum Wagen. Pitt stellt die Tüte aufs Wagendach und schließt die Autotür auf. Harry steigt ein, da geht Pitts Telefon. „Brett hier, was gibt´s denn?“

Es ist wieder das gerichtsmedizinische Institut. Harry und Pitt sollen sofort in die Pathologie kommen, es gibt interessante Neuigkeiten.

Pitt gibt Gas, der Motor heult auf und der BMW schießt vom Parkplatz. Im Rückspiegel sieht Pitt, wie die braune Börger Prinz-Tüte über die Heckscheibe und den Kofferraumdeckel rutscht, auf die Straße fliegt und vom nachfolgenden Wagen überrollt wird.

Der Gerichtsmediziner hält einige Überraschungen für Harry und Pitt bereit.

„Also, der Tatort lag am rechten Seeufer, knapp hundert Meter von der Stelle entfernt, an der die Leiche angetrieben ist. Wir konnten noch Blutspuren nachweisen. Dort lag auch die Tatwaffe, ein Schlüssel, wie Klavierstimmer ihn verwenden. Leider sauber abgewischt, keine Fingerabdrücke zu finden. Knapp daneben lag aber eine Zigarettenkippe. Eine sehr seltene Marke in Deutschland, Importware! Ursprünglich kommen die Dinger aus der Schweiz und werden hier gar nicht oder nur sehr selten verkauft. „Parisienne Ciel“ heißt das Zeug und ist schweineteuer. Da ist aber noch genug Speichel dran, damit man damit einen DNA-Test machen kann. Also bringt mir einen Verdächtigen und ich nagele den für Euch fest.“

Später im Wagen kommen Pitt und Harry wieder auf das Thema Moser zurück. Harry glaubt, dass Moser sicherlich Dreck am Stecken hat. „Also, der Saubermann, den er uns vorspielt, der ist er sicherlich nicht. Wir sollten wirklich den Leuten in Mosers Dunstkreis Speichelproben abnehmen, aber da spielt Schreiner wieder nicht mit Es bleibt uns erstmal nichts anderes übrig, als den Moser zu beschatten. Du weist, was das bedeutet, Harry? Nachtschicht heißt das. Schlafentzug, nichts zu essen und brütende Hitze in unserer Dienstkalesche…“

Am Stadtrand von Duisburg liegt das Anwesen von Herrn Moser. Dort lebt der Industrielle allein mit seinem Sohn Georg, einem jungen, aber mittlerweile recht bekannten Konzertpianisten.. Seine Frau Yvonne war vor 25 Jahren ein gefragtes Model, aber mit den Jahren und den ersten Falten verflachte die Nachfrage ebenso wie die Oberweite und dann ließ auch das Interesse ihres Mannes sehr schnell nach.. Moser hat sie dann vor einigen Jahren hinausgeworfen, als sie ihm seine diversen Liebschaften vorgeworfen hatte. Dank eines durch Mosers Anwälte geschickt ausgeklügelten Ehevertrages lebt sie mittlerweile von Hartz4. Mosers Tochter Gabriela lebt zwar auch in Duisburg, hat aber eine kleine Wohnung in der Nähe der Universität. Sie studiert Tiermedizin. Zu ihren Vater hat sie keinen Kontakt mehr, weil sie ihm sein Verhalten gegenüber ihrer Mutter übel nimmt. Sie weigert sich, eine Unterstützung von ihrem Vater anzunehmen und finanziert ihr Studium lieber durch kleine Jobs wie Babysitten und Kellnern. Die Kollegin aus der Fahndung, die für Pitt diese Informationen recherchiert hat, ist eifrige Leserin der Regenbogenpresse und versorgt das ganze Duisburger Polizeipräsidium mit dem neusten Klatsch aus der Wirtschaft und dem Showbusiness.

Gegenüber der Einfahrt zu Mosers Anwesen ist eine Gärtnerei mit Baumschule. Auf dem Parkplatz stellen Pitt und Harry den Wagen hinter dem Schild „Baumschule Haselnuss“ ab und beobachten das große Tor zu Mosers Gehöft. Es ist ein alter niederrheinischer Bauernhof, den Moser vor Jahren gekauft hat und der nach seinen Wünschen umgebaut wurde.

„Sicherlich hat der da einen Swimmingpool im Garten und eine Sauna im Keller. Und die Hausbar würde ich auch gern mal inspizieren – oder zumindest das frische, kühle Bier im Kühlschrank…..“ seufzt Harry, denn die Sonne brennt auf das Wagendach und das Innenraumthermometer bewegt sich langsam auf die 65° Marke zu.

Stunde um Stunde vergeht, das Tor bleibt geschlossen.
Hinter dem Gehöft geht die Sonne unter, quälend langsam schleichen die Zeiger der Uhr im Armaturenbrett über das Zifferblatt und die nächsten Stunden scheinen nicht vergehen zu wollen..

Kurz nach Einbruch der Dunkelheit geht über dem Tor das Licht an und das Tor öffnet sich langsam. Ein Sicherheitsmann erscheint im Tor und winkt zu dem Parkplatz herüber.

„Verdammt, die haben uns entdeckt“ meint Harry, aber Pitt deutet mit dem Daumen über seine Schulter. Dort setzt sich ein dunkelgrauer Laster mit Duisburger Kennzeichen in Bewegung. Der 7,5-Tonner stand schon auf dem Platz, als Pitts Dienstwagen dort abgestellt wurde. Der Wagen verlässt den Parkplatz und fährt in Mosers Einfahrt. Der Kies knirscht unter den Reifen als der Wagen auf den Hof zufährt. Als das Tor sich schließt, verlieren die Beamten die Sicht auf das Geschehen hinter den Umzäunung.

„Los, raus! Lass uns über den Zaun sehen“ brüllt Pitt und hechtet über die Straße, Harry folgt in kurzem Abstand. Von einem Gebüsch zur Straße hin abgedeckt finden Pitt und Harry eine Stelle, wo sie über die Mauer des Gehöfts das Haus beobachten können.
Der LKW-Fahrer klappt die Ladebordwand herunter und fährt zusammen mit Mosers Fahrer hoch zur Ladefläche. Kurze Zeit später schieben die Männer einen sehr großen Gegenstand auf die Hebebühne. Da dieser Gegenstand durch eine weiße Plane abgedeckt ist, können Pitt und Harry nur erahnen, dass darunter ein Konzertflügel verborgen sein könnte. Die Männer schieben das Objekt in das Haus. Der Fahrer des LKW klappt die Ladebordwand wieder hoch, wechselt noch ein paar Worte mit Mosers Fahrer. Die Männer lachen, einer der beiden erzählt einen Witz. Die beiden rauchen zusammen noch ein Zigarette.

„Wetten, dass das eine Parisienne Ciel ist?`“ fragt Harry. „Die Wette gewinnst Du“ knurrt Pitt.

Moser kommt aus dem Haus und drückt dem LKW-Fahrer die Hand. Kurze Zeit später setzt sich der Wagen in Bewegung und verlässt das Gelände durch das sich selbst öffnende Tor. Noch bevor das Tor sich wieder schließen kann, kommt ein goldenes Cabrio auf das Tor zugefahren. Eine Blondine sitzt hinter dem Steuer und der Wachmann lässt das Cabrio passieren. Vor dem Haus kommt das Cabrio zu stehen. Die Frau, die aus dem Cabrio aussteigt ist dieselbe, die Moser in dem italienischen Restaurant getroffen hat. Wieder ist die Blondine sehr aufreizend gekleidet und Harry entfährt ein anerkennender Pfiff. Pitt ruft ihn zur Ordnung.

Die Blonde geht auf Moser zu, fällt ihm um den Hals und bedankt sich überschwänglich für den Wagen, den Moser ihr offensichtlich geschenkt hat. Pitt lässt eine Halterfeststellung durchführen, der Wagen ist auf Moser zugelassen. Moser fasst die Hand der Blonden und führt sie in das Haus. Kurze Zeit später erlischt im Haus das Licht und in der oberen Etage geht in einem Zimmer das Licht an. Sicher das Schlafzimmer, denkt Pitt. Durch die Vorhänge kann man die Schatten von zwei Personen in inniger Umarmung erkennen.

„Der hat heute sich ´ne angenehme Nacht und wir schlagen uns hier draußen die Nacht um die Ohren“ brummt Pitt. “Die haben da sicher auch genug zu Essen und wir schieben hier Kohldampf. Verdammt, der Job macht keinen Spaß mehr…..“

Pitts Handy meldet sich. „Hallo, Pitt Brett hier, Was gibt es?“ – „Hallo Pitt, hier ist Gabriela Moser, Erinnerst Du Dich noch, die Bedienung aus dem La Traviata? Ich muss die ganze Zeit an Dich denken, können wir uns wieder sehen? Ich kenne da direkt am Zoo ein gemütliches Lokal, das ist ganz in der Nähe meiner Wohnung. Wie wär´s, können wir uns heute dort treffen?“

Wo hat Gabriela Pitts Nummer her?

Ist das gestohlen Klavier wieder da?

Wie laut kann ein Polizistenmagen knurren?

Sonntag, 24. Mai 2009


Wer ist das

Während sich Brett und Harry auf dem Weg zu dem neuen Imbiss begeben, läuft ihnen schon das Wasser im Mund zusammen und sie gehen zügig Richtung Bahnhof. Am Imbiss angekommen, müssen sie feststellen, das die Tür verschlossen ist. "Das kann doch jetzt nicht wahr sein" mault Brett, da will ich endlich was essen, habe Hunger wie ein Wolf und dann ist diese dämliche Tür zu. Wann hat der Kerl denn auf?" "Hier steht auf dem Schild, dass sie erst um 11.30 Uhr öffnen" meint Harry. "Das hätten wir wissen müssen. So ein Mist und jetzt, mein Magen knurrt schon ziemlich laut." "Ach" , meint Brett "ich dachte du hättest
Blähungen."
"Was hälst du denn von dem Amerikanischen Spezialitäten Restaurant, da gibt es Kaffee, was zu essen und das auch noch fast rund um die Uhr?", meint Harry. "Was meinst du wie gesund das ist, so ohne Fett, ohne Majo oder Ketschup, und die Pappdeckel machen nicht mal satt, da muss ich bestimmt dreifach bestellen, so einen Hunger habe ich", kann Brett sich nicht verkneifen.

Kurz entschlossen kehren beide nun im Mäc Dagoberts ein und stellen sich in die Warteschlange.
Sie nutzen die Wartezeit um auszuwählen. Brett hat schon entdeckt, dass ihm die Dame an der Kasse sehr sympathisch ist und einen flotten Spruch auf der Zunge, als er gefragt wird was er denn gern hätte. Just in dem Moment als er anfangen will seine Wünsche zu äußern, klingelt sein Mobiltelefon und er lässt Harry vor, damit er sprechen und Harry bestellen kann. Natürlich ist es wieder einmal dienstlich und Brett wird blass. Er tippt Harry auf die Schulter und macht ihm ein Zeichen das er ihm folgen soll.
Harry lässt die Bestellung liegen, ohne zu zahlen folgt er seinem Kollegen nach draußen und hört nur noch wie Brett sagt "ja klar, wir sind unterwegs."

"Was ist los, kein Hunger mehr" fragt Harry. "Stell dir vor, eine unbekannte männliche Leiche ist aus dem Wasser an der Sechs-Seen-Platte gezogen worden. Passanten haben die Polizei informiert und die Kollegen warten jetzt da auf uns, wir sollen uns das mal ansehen" meint Brett zu ihm.

Dort angekommen begrüßen ihn die Kollegen mit einem kurzen Nicken und zeigen ihnen die Stelle, an der der Leichnam entdeckt wurde. Die Spurensicherung hat ihre Arbeit bereits aufgenommen und weiträumig abgesperrt. Einige suchen das Ufer ab, andere das Gelände. Vorsichtshalber befindet sich noch ein Taucher im Wasser um eventuell etwas zu suchen. Der Gerichtsmediziner ist über den Körper des unbekannten toten Mannes gebeugt und untersucht diesen vorsichtig . "Na ihr zwei, hoffentlich habt ihr noch nichts gegessen, sieht nicht so hübsch aus hier. Der hat mindestens 4 Wochen im Wasser gelegen und ist ziemlich aufgeweicht. Ich kann auch noch nichts genaues sagen, aber offensichtlich ist es ein gewaltsamer Tod gewesen. Seht euch mal den Schädel an, da ist ein riesiges Loch zu sehen."
"War der etwa nackt oder habt ihr ihn ausgeszogen?", fragt Brett. "Ne, wir nicht, der war schon nackt als wir ihn rausgeholt haben. Deshalb wissen wir auch nicht wer es sein könnte, keine Papiere und keine Geldbörse, nichts dergleichen haben wir bisher finden können."
"Sucht alles ab, auch die Büsche und den Parkplatz und vergesst die Mülleimer nicht. Das kann ja vielleicht irgendwo noch hier rumliegen", Brett ist in Rage, er hat den einen Fall und nun soll er sich um den nächsten kümmern. "Das ist ein Mist Harry, wenn du zu viel kannst musst du viel tun. Sag dem Taucher er soll mal nach Klamotten oder verschlossenen Plastiktüten suchen oder ähnlichen Dingen die dem Toten gehört haben könnten. Quatsch, sag ihm er soll alles bringen, was er findet."

Während der unbekannte Tote in den Wagen verbracht wird um ihn in die Gerichtsmedizin zu bringen, wird aus dem Wasser so etwas ähnliches wie eine Brieftasche gebracht. Innen befindet sich ein Führerschein und ein Personalausweis, sonst nichts. "Hier schau mal, der sieht unserem Fund gar nicht ähnlich, überprüf das bitte mal Harry, der müsste doch vermisst werden, und wenn die Anschrift noch stimmt, dann müssen wir da mal hin."

Brett wendet sich an die Leute von der Spurensicherung " Sucht weiter, ich möchte das alles sehen was ihr gefunden habt. Bis dann Leute." Er geht zu Harry ans Auto und hört ihn sprechen.
Harry macht sich gleichzeitig noch ein paar Notizen, dann verabschiedet er sich. "Das war der Kollege von der Vermissten Abteilung, unser Toter ist seit etwa 4 Wochen vermisst gemeldet, von seiner Frau. Laut Angabe der Frau ist er von der Arbeit nicht nach Hause gekommen. Die Adresse die sie angegeben hat, ist die die auf dem Ausweis steht, den wir gefunden haben. Ob es ihr Mann ist, der da im Wasser war?" " Wir müssen davon ausgehen, lassen uns aber etwas geben, womit wir ihn identifizieren können. Röntgenbilder oder Zahnärztliche Unterlagen, irgendwas wird uns da schon weiter helfen", meint Brett und er überlegt schon was er der Frau sagen soll, da sie ja noch nichts genaues wissen.

Sie fahren zu der angegebenen Adresse und klingeln an der Tür. Auf dem Namenschild steht der Name Strasser, auf einem Papierstück geschrieben und lieblos an die Tür geheftet. Die Tür wird geöffnet und beide stellen sich vor. Die Frau, gut gekleidet und im mittleren Alter, bittet die beiden herein. "Gehen sie ins Wohnzimmer, dort rechts, da sitzen wir bequem", sagt sie und kommt dazu. "Ja, wo soll ich anfangen, mein Mann ist von seiner Arbeit nicht nach Hause gekommen. Es ist immer pünktlich und kommt gern nach Hause. Wir haben erst vor 10 Monaten geheiratet. Ich mache mir große Sorgen." Brett fragt "Wo hat ihr Mann denn gearbeitet, gab es da vielleicht Probleme?" " Nein, überhaupt nicht, er hat nette Kollegen, gut die Arbeit ist anstrengend, aber das hat ihm nichts ausgemacht, schließlich kann er nichts anderes als LKW fahren. Er hat die Stelle kurzfristig bekommen und gewechselt weil er keine Fernfahrten mehr machen wollte, die Firma ist noch relativ neu und hat sich auf Klaviertransporte spezialisiert."


Ist der Tote wirklich der LKW Fahrer und der vermisste Herr Strasser?

Was ist mit dem Essen bei Mäc Dagobert?

Freitag, 15. Mai 2009

Spurensicherung sei Dank

Als Pitt zuhause in seiner kleinen Wohnung ankommt, schmeisst er seine Jacke frustriert in die Ecke und geht direkt in die Küche. Er öffnet den mit Magneten in allen Formen und Farben übersäten Kühlschrank, in der Hoffnung, noch etwas Essbares zu finden. Im Seitenfach stehen zwei Bierflaschen, ansonsten herrscht gähnende Leere. Nur noch eine Schachtel von einem chinesischen Schnellimbiss von schräg gegenüber steht ganz hinten auf dem untersten Glastablar. Pitt greift sich die Schachtel, öffnet sie und beginnt zu husten. Der penetrante Gestank treibt ihm förmlich die Tränen aus den Augen. „Zwei bis drei Mal beatmen, und das Zeug lebt wieder.“ denkt sich Pitt, während er das Gefühl hat, seine Atemwege seien von der Nasenspitze bis zu den kleinsten Lungenbläschen verätzt. Mit einem angewiderten Gesichtsausdruck verschliesst Pitt die Schachtel wieder und schmeisst sie zurück in den Kühlschrank. Er greift sich eine Flasche Bier, knallt die Türe des Kühlschranks zu, stellt sich ans Küchenfenster und betrachtet gedankenverloren das in der Dunkelheit liegende Duisburg.

In der sternenklaren Nacht formt sich langsam nebelhaft das hübsche Gesicht von Gabriela am Firmament heraus. Mit einem tiefen Seufzer dreht sich Pitt um und schlendert Richtung Schlafzimmer. „Wenn man das Magenknurren doch auch einfach an die Garderobe hängen könnte,“ denkt er bei sich.


Kurt Pflümli ist sehr früh am Morgen unterwegs. Er läuft vom Hauptbahnhof der Kasernenstrasse entlang in Richtung des alten, fünfstöckigen Sandsteingebäudes, in dem die Kriminalpolizei in Zürich untergebracht ist. Er lässt seinen Blick über die parallel dahin fliessende Sihl gleiten und sieht einen grauen Fischreiher, der völlig regungslos wie ein Denkmal im Fluss steht und auf Beute in Form eines unvorsichtigen Fisches hofft. Pflümli geniesst die morgendliche Ruhe und Beschaulichkeit, bevor die Stadt erwacht und von Pendlern in ihren Autos überschwemmt und er vom Druck und Stress seines Arbeitsalltages beinahe überrollt wird.

Der Wachhabende Fritz Kellenberger lächelt ihm entgegen, als Pflümli durch die Eingangstüre tritt und vor dem Glaskasten der Zutrittskontrolle stehen bleibt. „Guten Morgen, Fritz,“ begrüsst er ihn, „war viel los heute Nacht?“

„Es hielt sich in Grenzen,“ antwortet Kellenberger, „aber vor knapp dreissig Minuten war ein Kurierfahrer hier, der etwas für dich abgegeben hat.“ Kellenberger dreht sich um, geht in einen Nebenraum aus dem er kurz darauf mit einem Paket zurückkommt und es Kurt Pflümli durch eine Glasschleuse hinüber reicht.

„Schon da?“ wundert sich Pflümli, nachdem er den Absender, Kripo Duisburg, gelesen hat, „Toll, dann kann ich das gleich in die Spurensicherung bringen, danke Fritz.“

„Gern geschehen,“ antwortet Kellenberger und drückt auf den Knopf zur Entriegelung der Zugangssperre, welche auch prompt mit einem lauten Summen und Klicken zeigt, dass die Verriegelung offen ist.

„Einen schönen Feierabend, und schlaf gut.“ sagt Pflümli zu Kellenberger, der mit einem „nur noch fünfzehn Minuten“ antwortet und dabei erlöst lächelt. Pflümli macht sich mit dem Paket unter dem Arm auf den Weg zu seinem Büro, um den Inhalt der Sendung in Augenschein zu nehmen. Er entfaltet die grosse Schweizer Fahne und das beigelegte Schreiben. Nachdem er die paar Worte gelesen hat, schnappt er sich das Stück Stoff und marschiert zur Spurensicherung im Nebengebäude. Dort trifft er auf die resolute Monika Marty, die vor einem Mikroskop sitzt und angestrengt hinein starrt.

Pflümli klopft mit dem Fingerknöchel an den Türrahmen, was dazu führt, dass die Marty erschrocken vom Mikroskop zurück zuckt.

„Mann, Kurt, hast du mich erschreckt, du Depp“ schreit die 49jährige mit funkelnden Augen.

Pflümli kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Ok, das nächste Mal schicke ich dir vorher ein Mail, dass ich gedenke, zu dir runter zu kommen, mit der genauen Zeitangabe.“

Die Marty steht auf und kommt Pflümli mit wehendem Arbeitskittel entgegen. Ist mir immer wieder ein Rätsel, wie die Monika das schafft, dermassen viele Schreiber und sonstiges Zeug in die Brusttasche des Kittels zu packen, ohne dass das Teil vom Gewicht abreisst, denkt sich Pflümli. „Und wenn du das nächste Mal wieder über deinem Mikroskop einschläfst, dann achte darauf, dass es nicht wieder so hässliche Abdrücke um die Augen gibt.“

Mit grossen Augen schaut sie ihn an, bevor sie ihm einen leichten Magenschwinger verpasst.

„Du freche Wanze,“ keift sie Kurt an, „noch so ein Spruch, und ich mache an dir eine Lebend Autopsie ohne Narkose.“

Monika Marty ist die Chefin der Spurensicherung der Kripo Zürich und in ihrem Reich im Erdgeschoss die unangefochtene Königin. Trotz ihres Alters sprüht sie vor Energie und wenn sie in ihrem Refugium herum wirbelt, ist es besser, man steht ihr nicht im Weg. Denn dann kann sie zur Furie werden, die nahe an einem Blutrausch vorbei schrammt. Genau wie bei ihrer Arbeit. Sie kann sich regelrecht so in einen Fall verbeissen, dass sie die Welt um sich herum völlig vergisst.

Aber durch ihre akribische Arbeitsweise und ihren Dickschädel ist die Quote erfolgreich ausgewerteter und analysierter Spuren die zur Lösung des jeweiligen Falles führen phänomenal hoch. Und das weiss Kurt Pflümli auch sehr zu schätzen. Durch den gegenseitigen Respekt voreinander hat sich zwischen den beiden trotz grosser Unterschiede im Alter und der Lebensart eine eigene Art kumpelhafte Freundschaft über die Jahre gebildet.

„Was bringst du mir da für einen Fetzen,“ fragt Monika mit neugierigem Blick auf die Fahne, die Kurt noch in der Hand hält, „mein Kleid für unsere Hochzeit?“

„Gott bewahre,“ antwortet Pflümli mit verzerrtem Gesicht, als hätte er gerade unverdünnten Essig getrunken, „dich heiraten? Da schiesse ich mir vorher lieber ins Knie.“

„Selber schuld,“ meint Marty und knufft Pflümli unsanft in die Seite, „du weisst gar nicht, was du da alles verpasst. Also ich nehme an, das ist die Fahne aus Duisburg, nicht? Gib her!“ Während sie das sagt, schnappt sie sich die Fahne und schmeisst sie über die Schulter auf den Tisch. „Dauert aber eine Weile, bis ich den Hersteller eruiert habe, klar?“

„Glasklar.“ Pflümli nickt mit dem Kopf zu einem anderen Tisch, auf dem eine Menge Aufnahmen in einem riesigen Durcheinander liegen. „Das ist von Duisburg, nicht wahr? Vom Tatort. Bist du dort schon irgendwie weitergekommen?“

„Ein wenig.“ antwortet Monika während sie zu dem Tisch geht, „Hey Kurt, beweg deinen Knackarsch her, ich will nicht durch den ganzen Raum schreien müssen.“

Kurt Pflümli stellt sich neben sie und betrachtet die Fotos. „Da sind aber einige dabei, die ich nicht kenne.“

„Ich war fleissig, du Flöte, ich bin nicht nur auf dem Mikroskop gelegen. Ich habe im Internet recherchiert. Wegen dem reitenden Geflügel.“

Pflümli sieht sie verständnislos an.

„Der Flügel, der geklaut wurde,“ erklärt sie, wie wenn ein Dreijähriger neben ihr stehen würde, „ist doch ein Schimmel, oder? Der wurde in Luzern beim Fischer versteigert. Und der hat auf seiner Webseite Bilder von dem Teil, damit auch Auswärtige sehen, auf was sie da bieten können. Und bei einem dieser Bilder bin ich ja auch auf dieses Detail des Kreuzes gestossen.“ Sie nimmt ein Bild hoch, drückt Pflümli eine Lupe in die Hand und deutet auf den Deckel des Flügels. „Siehst du hier, das eingearbeitete Kreuz befindet sich in der Unterseite des Deckels. Ist also nur sichtbar, wenn das Teil offen ist.“

„Diese Bilder...“beginnt Kurt.

„Sind schon auf deinem Computer im Mail.“ wird er unterbrochen. „Und noch was Wichtiges dazu. Wir Schweizer sind nicht berühmt dafür, Konzertflügel zu bauen, aber bei meinen Nachforschungen stolperte ich darüber, dass die Veredelung solcher Instrumente hingegen eine jahrhundertealte Tradition bei uns hat. Dass zum Beispiel unter anderem auch solche Deckel durch Holzschnitzer aus dem Berner Oberland nach Kundenwünschen mit Intarsien verziert wurden. Für diese Einlegearbeiten wurden die verschiedensten Holzsorten verwendet. Warum nicht auch ein Teil von dem „Einen Kreuz“, wenn es dann das Teil auch wirklich gab.“

„Tönt schon ein wenig phantastisch, aber ich bin auch zu lange bei der Polizei, um nicht alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen.“ meint Pflümli skeptisch.

„Ob an dem verarbeiteten Holz wirklich mal jemand gehangen hat, sei dahingestellt,“ meint Monika und nimmt ein weiteres Blatt vom Tisch. „Was ich persönlich spannend finde, ist, es gibt gleich neben Interlaken eine Schreinerei, die seit mehreren Generationen in Familienbesitz ist und bekannt für..“

„Intarsienarbeiten ist,“ ergänzt Kurt.

„Ja, du Schnellmerker,“ meint Monika mit einem selbstzufriedenen Lächeln im Gesicht, „und eigentlich sollte bei dir gleich noch was klingeln in deinem nicht ganz so hässlichen Kopf“.

Kurt schaut Monika an und sagt gedehnt: „Interlaken. Waren nicht die in Duisburg gefundenen Streichhölzer von einem Luxushotel von dort?“

„Genau, das Luxushotel, das sich am Fuss von Eiger, Mönch und Jungfrau befindet.“

„Und du stehst auch gleich daneben," flachst Kurt, "das Schreckhorn,“ und kann im letzten Moment dem haarscharf an seinem Kopf vorbei fliegenden Kugelschreiber ausweichen.


„Du kannst von Glück sprechen, dass ich dich irgendwie mag, sonst würde ich jetzt deinen süssen Arsch kreuz und quer durch mein Labor treten.“ Sie nimmt das Bild der Streichhölzer zur Hand. „Also,“ sagt Monika erregt und schlägt Kurt so heftig auf die Schulter, dass er gegen den Tisch knallt, „das kann doch alles kein Zufall sein, oder?“

„Monika,“ Kurt legt ihr die Hände auf die Schulter, „du bist die Beste. Ich liebe dich. Rein platonisch natürlich.“

„Natürlich,“ antwortet Monika mit einem schiefen Grinsen, „und jetzt hau ab, ich habe hier noch eine Menge Arbeit.“ Sie dreht sich um und beginnt in dem Durcheinander auf dem Tisch herum zu wühlen.


Als Kurt Pflümli wieder zurück in seinem Büro ist, greift er zum Telefonhörer und wählt die Nummer von Pitt Brett. Dieser nimmt auch sofort ab.

„Hier Brett, wer dort?“

„Hallo Herr Brett, hier ist Kurt Pflümli, Kripo Zürich.“

„Guten Morgen, schon so früh am Draht? Sagen sie bloss, sie haben schon Informationen für mich.“

„Genau so ist es,“ antwortet Pflümli, „ich möchte sie schnell über unseren aktuellen Wissensstand aufklären.“

Pitt winkt den soeben das Büro betretenden Harry zu sich und schaltet das Telefon auf Lautsprecher. „So, Herr Pflümli, mein Partner hört mit, dann lassen sie mal los.“

Pflümli gibt die aktuellen Ermittlungsdaten durch und schliesst mit den Worten: „Ich werde nachher nach Interlaken fahren, um mir das Hotel Victoria Jungfrau Grand Hotel anzuschauen und die Gästeliste der letzten Wochen verlangen. Und aufgrund der Streichhölzer gehe ich dann noch bei dieser Schreinerei wegen der Intarsien und dem Kreuz vorbei.“

„Wieso Schreinerei?“ fragt Harry. „Werden die Streichhölzer in der Schweiz noch von Hand geschnitzt?“

Die drei Männer beginnen herzhaft zu lachen.

Nachdem Pflümli versprochen hat, Pitt und Harry auf dem Laufenden zu halten legt Pitt den Hörer auf die Gabel und sagt zu Harry: „Endlich mal ein wenig Licht in dem Fall. Auf die Schweizer Kollegen ist halt Verlass.“ Mit beiden Händen auf seinem Bauch fährt er fort, „Und jetzt gehen wir erstmal anständig was frühstücken, um die guten Nachrichten zu feiern. Mir ist schon richtiggehend schlecht vor Hunger.“ Er schnappt sich seine Jacke und stürmt so schnell aus dem Büro, dass Harry Mühe hat, seinem Tempo zu folgen.

„Und wohin gehen wir?“ fragt Harry, als er Pitt endlich eingeholt hat.

„In der Innenstadt hat ein Imbiss eröffnet; „Railway's Bratwurst-Solarium“. Mal testen, wie es dort schmeckt.“ sagt Pitt und zieht die Autoschlüssel aus der Jackentasche.



Bratwurst zum Frühstück – geht das?

Was weiss eigentlich der Fahrer von Moser?

Warum fällt die Stulle immer auf die geschmierte Seite?

Freitag, 8. Mai 2009

Der Flügel

Immer 2 Wagen zwischen sich lassend, fährt Pitt dem Rolls nach und fragt Harry: „ Was ist das überhaupt für ein Flügel?“
„Soviel wie ich weiß ist das ein Konzertflügel“
„Und was unterscheidet dies von einem Nicht-Konzertflügel?“

„es gibt Stutzflügel (Länge: etwa 1,4 m bis 1,8 m
Studioflügel (Länge: etwa 1,9 m)
Salonflügel (Länge: etwa 1,8 m bis 2,1 m)
Halbkonzertflügel (Länge: etwa 2,1 m bis 2,4 m)
Konzertflügel (Länge: etwa 2,4 m bis 3,06 m)“

Verdattert schaut Pitt seinen Kollegen an „Woher weißt Du dass? Musik studiert oder was?“
„Nö, aber meine Eltern waren Orchesterspieler und wir hatten einen Flügel zu Hause“
„Du kannst mir dann auch bestimmt sagen welcher Hersteller die Kiste hergestellt hat“
„Nein, da haben wir noch keine Informationen drüber, aber die Liste ist lang :

„Bechstein, Blüthner, Bösendorfer, Fazioli, Feurich, August Förster, Grotrian-Steinweg, Ibach, Kaps, Petrof, Pfeiffer, Sauter, Schiedmayer, Schimmel,….

„Sonst geht´s Dir gut“ schnauzt Pitt „Sieh zu, daß Du den Hersteller rausfindest, schließlich können wir keine Suchmeldung nach Schimmel rausgeben, wenn wir ein Saruman suchen!“„Sauter“ wirft Harry ein, „aber ich tippe mal auf Bechstein oder Schimmel“
„Wieso, sind das Schweizer Hersteller?“
„Nein, in der Schweiz werden soviel ich weiß keine Flügel hergestellt.“
„Mann, ruf an und brings in Erfahrung“

Harry angelt sein Handy aus der Jackentasche und gibt die Nummer der Spedition ein und spricht mit dem Spediteur. Nachdenklich schaltet er sein Handy aus und wendet sich Pitt zu.
„Es ist ein Schimmel mit der Serien-Nr. 2499, das Ding muß noch aus dem 18. Jahrhundert stammen. Darüber sind recht seltsame Geschichten im Umlauf“
Versonnen schaut Harry aus dem Fenster.
Der Rolls erreicht grade die Autobahnauffahrt Richtung Essen.
„Schnarch nicht ein“ Pitt schaut seinen Beifahrer forschend an „Was ist nun mit der Geschichte?“
„Naja, den Legenden nach soll im Flügel ein Teil des Kreuzes Jesus eingebaut sein“


Währenddessen, in einer abgelegenen Lagerhalle spricht ein Professor – zumindest scheint er einer zu sein – zu den anwesenden Leuten:
Wir haben es hier mit Holz zu tun, Holz ist letztendlich nur totes Material. Es gibt spezielle Tests, die wir durchführen könnten, um zu bestimmen, um welche Holzarten es sich handelt. Einfärben, bestrahlen und so weiter. Aber das ist nur bei der Identifizierung ungewöhnlicher Baumfamilien sinnvoll. Ein Rasterelektronenmikroskop wäre extrem nützlich, macht aber eine Heidenarbeit. Also nehm ich mein normales Vergrößerungsglas. Damit kann ich ich das Holz zumindest auf ein paar hundert Arten von circa Zwanzigtausend einschränken. Die Strukturen hier lassen darauf schließen, daß wir Esche, Hickory oder Eiche vorliegen haben. Jesus wurde wahrscheinlich an ein Kreuz aus Eiche, eine weitverbreitete Baumart im Nahen Osten, genagelt. Allerdings kommt diese Sorte auch in Nordamerika vor. Meiner Meinung nach ist dieses Holz aber weit älter als fünfhundert Jahre und stammt daher wohl aus dem Nahen Osten.


„Ach du Scheiße, nicht schon wieder so ein Schmarren a´la Dan Brown, hast Du eigentlich eine Ahnung wie viele angebliche Reliquien, die irgendwo eingebaut wurden, uns als gestohlen gemeldet wurden? Hunderte, alles bekloppte Spinner, die ihren Sperrmüll aufwerten wollen! Gefunden wurde natürlich nie was….“

Pitt wirft ein Blick auf´s Tacho und zuckt zusammen.
„noch 20 Stundenkilometer schneller und die sind weg, mehr als 230 gibt die Kiste hier nicht her. Verdammt, wo wollen die hin? Da, er fährt runter.“

Erleichtert setzt er den Blinker und folgt dem Bonzenauto.
„Hmmm“ brummelt Harry „Ist die Richtung Villa Hügel, nein, jetzt fahren sie Richtung Holsterhausen, wette, die fahren nach Finster“
„Finster?, was ist das denn schon wieder?“
„Ach, da kann man im Dunkeln essen und genießen.“ antwortet Harry.
„Genau das Richtige für die Beiden“ brummt Pitt

Tatsächlich hält der Rolls vor der Tür des Restaurants. Pitt fährt vorbei und sucht auf dem Parkplatz eine Stelle wo sie die sinnfreie Fressbude beobachten können. Sein Magen knurrt verdächtig laut. Harry bietet sich an in einer nahgelegenen Pommesbude Currywurst zu holen. Pitt drückt ihm ein 10-Euroschein in die Hand „aber doppelt mit viel Majo und die Bratwurst bitte geschnitten mit ganz viel Currysoße“
„wünscht der Herr auch Tafelgeschirr aus dem Buckingham Palast, kein Problem….“
„mach daß Du wegkommst und bring mir noch ne Diät-Cola mit und wehe, Du unterschlägst auch nur einen Cent, ich werde das überprüfen“

„Zum Glück kenne ich die Bedienung, die stellt mir ne Quittung aus, das ihm hören und sehen vergeht“ denkt Harry als er sich auf den Weg macht. Pitt beobachtet wie die beiden Turteltauben in das komischerweise hellerleuchtete Restaurant gehen. Er öffnet die Wagentür und schlendert ganz unauffällig zum Rolls, wo sich der Fahrer grade eine Zigarette ansteckt.
„hasse mal ne Kippe für mich“ fragt Pitt den Fahrer „meine sind grad ausgegangen und kein Automat in der Nähe“ Der Fahrer schaut Pitt abschätzend an, greift in die Tasche und hält ihm die Schachtel hin. „Bedien dich und hau ab, mein Chef hat es nicht gerne, wenn ich in der Dienstzeit mit Gesocks rede.“ Verblüfft ob des schroffen Ton angelt sich Pitt Eine raus, bedankt sich und geht zu seinem Wagen zurück. Nachdenklich betrachtet er die Zigarette „Marke Parisienne Ciel“ und verstaut sie im Spurensicherungsbeutel.
Endlich kommt Harry mit den Pommes zurück und reicht sie Pitt durchs Fenster. „Macht genau 19.95 EURO“ Mürrisch greift Pitt in seine Tasche und angelt den nächsten Zehner. „den Rest kannst Du behalten“ und packt seine Portion aus. Ungläubig starrt er auf das Menue, dann auf Harry und keift „20 Euro???????“ „Das ist ja nicht mal ein Meter Pommes und ich wollte keine Majonaisensuppe mit Kartoffeln drin, sondern Pommes mit Majo und schon gar keine Currysuppe mit Andeutung von Wurstzipfeln, sondern Wurst mit Currysoße, ein Wunder, daß Du noch nicht wieder bei der Streife bist“
Dreckig grinsend macht sich Harry über seine Portion her, schweigt und genießt.

Er zuckt zusammen, als Pitt sein Essen aus dem Fenster wirft, den Wagen startet und aufs Gaspedal tritt. Fluchend dreht er sich zu Pitt um „wohl vom wilden Affen gebissen, jetzt hab ich auch noch Ketchup und Majo auf der Hose.“
„Hol Dir doch Schlabberlätzchen, wenn Du nicht aufpassen kannst und die Reinigung des Wagens geht auf Deine Rechnung. Wie kann man nur so ungeschickt sein“
Er jagt dem Rolls hinterher, in der Hoffnung, daß sie nicht bemerkt werden. Doch dieser bremst abruppt, so daß Pitt voll in die Eisen steigen muß und den BMW schlingernd zum stehen bringt. Die Fahrertür des Rolls öffnet sich und der Fahrer steigt aus. Mit einem höhnischen Grinsen stolziert er auf die Beiden zu, beugt sich zu Pitt hinab.
„Ihr müßt schon früher aufstehen. Meint ihr ich hab euch nicht schon in Duisburg bemerkt?“
Kopfschüttelnd geht er zum Rolls zurück, steigt ein und fährt ganz gemächlich weiter.
Pitt fasst sich an den Kopf, wendet und fährt zum Lokal zurück. An der Eingangstür steigt er aus. Er wendet sich an den Türsteher. „Vorhin sind hier ein älterer Herr in Begleitung einer Blondine reingekommen. Sind die noch da“
„Wir geben keine Auskunft über unsere Gäste“ bekommt er zu hören.
Außer sich vor Wut krallt sich Pitt die Krawatte des Gegenüber, zieht ihn ganz nah an sich ran und sagt „Hör mal zu Freundchen, Wenn Dein nächster Satz nicht mit den Worten :Sie sind…: beginnt, dann fahren wir mal kurz nach Duisburg auf die Wache“
Völlig verängstigt antwortet der Türsteher „Die Zwei sind vor gut 10 Minuten von einem Taxi abgeholt worden und Richtung Haarzopf abgefahren“
„Welches Taxiunternehmen?“ „Das weiß ich nicht, war so ein Neutrales ohne Werbung, die Nummer konnte ich auch nicht sehen, weil es ohne Licht abgefahren ist“
„Sollte ich herausfinden, daß Du mich angelogen hast, dann buchte ich Dich wegen Behinderung der Polizei für mindestens 6 Monate ein und das im Schwerstverbrechertrakt“
Pitt läßt die schlotternde Figur los und schmeißt sich wieder hinter das Steuer. Schweigend fahren Beide wieder zurück auf die Wache und gehen in Ihr Büro. Harry schaut beim Chef rein, aber das Büro wie das Vorzimmer sind leer. Er macht Meldung bei Pitt, der vor lauter Verzweiflung in die Kaffetasse beißt. Er springt auf „ich fahr jetzt nach Hause, hab die Schnauze gestrichen voll, mir stehts bis hier, wie ich diesen Saftladen hasse“ und verläßt fluchtartig das Büro. Kaum hat er die Treppe erreicht, hört er Harry, der ihn zurückruft, weil der Anruf aus der Schweiz durchgestellt wurde. Etwas ruhiger geht er zum Büro zurück, greift den Hörer.

„Brett hier“ „Feldwebel Pflümli“ „ich hab die gewünschten Informationen. Die Zigaretten stammen tatsächlich aus der Schweiz und sind nur hier erhältlich, laut Aussage des Herstellers werden diese auch nicht exportiert. Über die Fahne haben wir noch nichts herausgefunden, denn den Bildern nach gibt´s hier zig Hersteller, wir bräuchten die Fahne schon im Original, damit wir den Kreis einengen können“
„Scheiße, na gut ich schick sie heute noch per Kurier. Und was ist mit Moser?“
„Tja, den Flügel hat er für 1.250.000 SFr bei Galerie Fischer Auktionen AG in Luzern erstanden“
„1.250.000 Schweizer Franken flüstert Pitt fassungslos, das krieg ich, selbst wenn ich bis 99 hier arbeite nie zusammen und das für so eine Klimperkiste“
„Ja, Flügel ist was ganz besonderes, er wurde im 18 Jahrundert gebaut und hat die Seriennummer 2499 und angeblich soll…“
„da ein Splitter aus dem Kreuz Jesus drin verbaut sein.“ brummt Pitt.
„nicht grad ein Splitter, sondern im Deckel soll ein Kreuz von eben Diesem eingearbeitet worden sein. Der Flügel war über 100 Jahre verschollen. Wer der Anbieter war, daß konnte mir keiner sagen, denn die versteigerte Sammlung wurde von einem Unbekannten per Telefon angeboten und hatte einen Gesamtwert von ca. 2,5 Mio SFr. Allerdings haben wir das aufgezeichnete Telefonat und unsere Stimmtechniker vergleichen das mit unserem Archiv. Die Speditionsfirma ist uns auch nicht bekannt, die hatten eine nichtexistierende Firmenbezeichnung auf den Transportern kleben. Wir bleiben am Ball und ich melde mich auf jeden Fall morgen noch mal.“
„Danke“ brummt Pitt ins Telefon und legt den Hörer auf. Er gibt Harry eine Zusammenfassung des Gesprächs und gibt ihm noch den Auftrag alles über den Fahrer von Moser ausfindig zu machen. Dann begibt er sich endgültig auf den Weg nach Hause.

Haben die Schweizer mit dem Stimmabgleich Erfog?
Findet Pitt wenigstens zu Hause was zu Essen?