Montag, 19. Juli 2010

Noch mehr Rätsel

Während des tragischen, aber von der Umwelt unbemerkten Unfalles des Ei's diskutieren Monika und Kurt leise miteinander. Kurt hebt den Kopf ein wenig und blickt die mit ihm am Tisch sitzenden nachdenklich der Reihe nach an und atmet tief ein, bevor er sagt: „Monika und ich sind gerade einem sehr wichtigen Detail nachgegangen. Wir können uns darauf beim besten Willen keinen Reim machen und suchen eine Erklärung dafür.“ Mit diesen Worten erreicht Kurt die ungeteilte Aufmerksamkeit der anderen.

Dann weiht uns mal in eure geheimnisvolle Rätselei ein, ihr beiden,“ meint Gabriela, durch die Andeutungen von Kurt schon ganz neugierig geworden.

Ihr habt sicher nicht vergessen,“ beginnt Kurt mit der Erklärung, „dass der Profikiller Harald Hartwig in der Tiefgarage gefunden wurde.“

Wir sind ja schon etwas dämlich,“ antwortet Harry, „aber so doof dann doch nicht.“

Bei dir wäre ich mir da aber nicht so sicher,“ flachst Pitt mit einem Grinsen im Gesicht.

Also,“ unterbricht Monika die beiden, bevor sie sich gegenseitig nur das Beste wünschen, „ich würde euch beiden ja liebend gerne noch etwas zuhören, aber wie vorhin von Kurt schon angesprochen, ist da eine Sache, die wir nicht einordnen können. Und zwar der Tiefgaragen-Killer, der schnell, sauber und absolut professionell aus der menschlichen Gemeinschaft entfernt wurde.“

Da war ein kalter Profi am Werk,“ wird sie von Harry unterbrochen.

Genau.“ Monika nickt und tippt kurz mit der Hand auf Kurts Unterarm um ihm das Wort weiter zu geben.

Das ist ja das eigentlich Komische an dieser Sache,“ meint Kurt. „Wir haben auf der einen Seite einen professionellen Killer, der mit der bestmöglichen Ausrüstung und Bewaffnung ganz offensichtlich dazu engagiert wurde, unseren Kollegen Pitt in die ewigen Jagdgründe zu befördern.“ Die Anwesenden nicken zustimmend. „Auf der anderen Seite aber haben wir jemanden, der eben diesen Profi-Killer in der Tiefgarage von seinem Auftrag befreit, indem er ihm zwei Kugeln in die Brust und eine in den Kopf schiesst. Eine klassische Hinrichtung mit dem finalen Fangschuss am Schluss. Nun stellt sich mir die Frage: Was soll das Ganze? Erstens, wer hat ein solch dringendes Interesse daran, dass Pitt von der Bildfläche verschwindet und diesen sicher nicht billigen Killer anheuert, und zweitens, wer hat Interesse daran, dass Pitt nichts geschieht und tötet einen gedungenen Mörder und rettet damit so wahrscheinlich dein Leben.“ Kurt blickt Pitt direkt in dessen verwundert blickendes Gesicht. Nun sind alle Augen auf Pitt gerichtet.

An das habe ich gar noch nicht gedacht,“ bemerkt Pitt trocken und nervt sich sichtlich darüber, dass ihm diese offensichtliche Tatsache nicht selber schon früher aufgefallen ist.

Komisch, nicht wahr,“ bemerkt Monika, „und dieser unbekannte Schutzengel zieht es vor, aus dem Verborgenen zu agieren. Warum zeigt er sich nicht offen und offenbart seine Beweggründe?“

Lähmende Stille macht sich an dem Tisch breit als den sechs daran Sitzenden das eben Ausgesprochene klar wird und sie etwas Zeit brauchen, um es zu verdauen.



Franco, Franco,“ beginnt Mario seinen Satz wieder, „du machst deinem Vater, Gott habe ihn selig,“ Mario bekreuzigt sich bedächtig, „keine Ehre.“

Aber,“ beginnt Franco zu widersprechen, doch die in die Höhe geschnellte Hand von Mario lässt ihn gleich wieder verstummen. Mario holt tief Luft und mit einem lauten Seufzer fährt er fort.

Habe ich dich nicht wie einen Sohn behandelt? Habe ich dir nicht ein Zuhause gegeben? Habe ich dir nicht mein Vertrauen geschenkt?“

Sicher, das hast du alles für mich getan,“ beeilt sich Franco mit seiner Antwort, „dafür bin ich dir auch ewig dankbar.“

Warum dann, sag mir, warum dann enttäuscht du mich so?“ fragt Mario mit einem verzweifelten Unterton in seiner Stimme. „Habe ich dich so arg überschätzt? Hatte ich zuviel Hoffnung in dich gelegt?“ Mittlerweile ist Mario hinter seinem Schreibtisch aufgestanden und hat damit begonnen langsam hin und her zu gehen. „Es war doch ein einfacher Auftrag.“

So einfach auch nicht,“ widerspricht Franco beinahe etwas trotzig. Dieser Einwand wird sofort von Mario mit einem harten Blick quittiert. „Ich meine,“ beeilt sich Franco mit seiner Ausführung, doch er wird erneut mit der erhobenen Hand von Mario zum Schweigen gebracht.

Alles, um was ich dich gebeten habe, war, dass du mir diesen deutschen Bullen Pitt Brett bringst, nicht mehr und nicht weniger.“ Bei diesen Worten hebt Mario seinen Zeigefinger und hält ihn demonstrativ vor das Gesicht von Franco. „Nur diesen einen Wunsch hatte ich an dich gerichtet.“ Mit einem enttäuschten Kopfschütteln setzt er seine Wanderung hinter dem Schreibtisch fort.

Franco, sichtlich nervös um Worte ringend: „Aber der Typ ist gut. Das wusste ich nicht. Er hat meine Leute völlig überrumpelt.“

Verdammter Scheissdreck!“ wird er von Mario schreiend unterbrochen. Franco zuckt erschrocken zusammen. „Deine Leute sind unfähig,“ fährt Mario mit hochrotem Kopf fort, „ihr bekommt dieses Bullenschwein wie auf dem silbernen Tablett serviert. Alleine, ich betone, alleine auf der Piste, ohne seine Freunde, auf den Skiern. Ein Flachländer auf den Skiern. Das hätte das Ganze noch einfacher machen sollen. Das ist wie ein gottverdammter Sechser im Lotto und du versaust die ganze Sache.“ Mittlerweile ist Mario um den riesigen Schreibtisch herum gekommen und hat sich direkt vor Franco aufgebaut.

Triefend vor Angstschweiss beeilt sich dieser zu erwidern: „Aber er konnte sehr gut Ski fahren und..,“

Silencio,“ schreit Mario, „deine Männer konnten auch ausgezeichnet Ski fahren, sie sind ja hier aufgewachsen. Also hör auf mit deinen billigen Ausflüchten um deine eigene Inkompetenz zu kaschieren.“ Es scheint, als ob Franco bei diesen Worten um mehrere Zentimeter geschrumpft ist. „Dieser Bulle aus dem Ruhrpott war sogar unbewaffnet, und was passiert, er schaltet deine Leute mit den Skistöcken aus, mit den Skistöcken. Ich kann es immer noch nicht glauben.“ Mario schüttelt den Kopf. „Zum Glück habe ich auch noch Dario und sein Team verdeckt hin geschickt. Die haben dann hervorragende Arbeit geleistet und die ganze Schweinerei aufgeräumt, die du da angerichtet hast.“

Es tut mir leid,“ antwortet Franco weinerlich, „wir wurden von diesem Bullen völlig überrumpelt. Aber ich verspreche dir, beim nächsten Versuch schnappe ich ihn mir, denn nochmals lasse ich mich nicht von dem verarschen.“


Finden die Kriminalisten heraus, wer Pitt an Lebendige will?

Und kommen sie hinter das Geheimnis, wer Pitt schützt?

Bekommt Franco eine zweite Chance?

Dienstag, 13. Juli 2010

Fragen über Fragen

Pitt schluckt den Bissen vom Brötchen mit Marmelade runter und meint dann: “Mit der Bewaffnung von dem Harald hätte der einen kleinen afrikanischen Staat im Alleingang erobern können. Ich frage mich nur, warum der uns so stark bewaffnet gefolgt ist.“

Kurt und Harry blicken sich fragend an. Harry sagt dann: „Die oder derjenige, der es auf dich abgesehen hat, wollte wohl absolut sicher sein.“

Die wollten dich nicht nur tot sehen,“ ergänzt Kurt, „die wollten dich regelrecht pulverisieren.“ Gabriela streckt ihren Arm und streichelt über Pitt's Hand.

Eigentlich müsste ich mich ja extrem geehrt fühlen über diese immense Aufmerksamkeit durch meinen unbekannten Feind.“ Pitt blickt Gabriela in ihre besorgt blickenden Augen. Es ist schon unfair, denkt er sich, da lerne ich endlich eine wunderbare Frau kennen, die nicht nur wunderschön ist, sondern auch einiges im Kopf hat. Eine Frau, die mich nimmt, wie ich bin. Mit allen Ecken und Kanten. Die akzeptiert, dass mein Job alles andere als ein Zuckerschlecken ist und eine Beziehung immer wieder aufs Neue herausfordert und auf die Probe stellt. Die mir Kraft und Motivation gibt. Bei der ich mich sicher und behütet fühle. Und bei der ich auch schwach sein darf. Und nun bringe ich sie und meine Freunde in allergrösste Gefahr. Bei diesen Gedanken schweifen seine Augen von Gabriela zu Harry und Susi und von dort zu Kurt und Monika. Ein schwerer Kloss legt sich zentnerschwer auf seinen Magen und raubt ihm den Appetit.

Was denkst du?“ fragt Susi mit leiser Stimme.

Ich mache mir grosse Sorgen um euch,“ antwortet Pitt, „ich habe Angst um euch, weil ich befürchte, dass ihr in feindliches Feuer geratet, das eigentlich für mich bestimmt ist.“

Keine Sorge,“ antwortet Kurt, „wir sind alle gross genug, um auf uns aufzupassen.“ Kurt zwinkert Pitt zu.

Pitt nickt langsam. „Aber ihr habt ja selbst gesehen, dass da ausgebuffte Profis am Werk sind und keine dilettantischen Kleinganoven.“

Harry hebt den Löffel, an dem noch ein grosses Stück von seinem Frühstücksei hängt. „Du hast recht, aber wir hier sind auch alle Profis, die bei ihrem Job auch wissen, wie es läuft.“ Um seinen Worten den nötigen Nachdruck zu verleihen, wedelt er kräftig mit dem Löffel durch die Luft, was zur Folge hat, dass sich das daran klebende Ei spontan dazu entschliesst, sein Seelenheil in der Flucht zu suchen und fliegender weise unter dem Nachbartisch zu verstecken. Mit einem verlegenen Uuuups und der Verfärbung seiner Ohren in ein leuchtendes Rot versucht Harry den Vorfall erfolglos zu kaschieren.

Die Freude des Ei's über seine wundersame Rettung währt aber nicht lange. Der Schuh des an dem Tisch sitzenden Frühstückgastes deformiert es zu einer undefinierbaren Masse und befördert es direkt in das Eiweiss-Nirwana.



Zur selben Zeit im Luxusskiort Bormio, am Fusse des majestätischen Stilfserjoch gelegen. Nicht weit von der italienischen Metropole Turin entfernt. Bekannt auch durch die alljährlich stattfindenden Ski Weltcuprennen. In unmittelbarer Nähe der Abfahrtspisten, an einem mit Licht überfluteten Sonnenhang an dem sich die millionenteuren Villen wie Kletten an den Hang klammern, liegt auch die Villa von Mario Carbonara, die aussieht wie eine kleine Alpenfestung. Das ganze riesige Areal wird von einer meterhohen Bruchsteinmauer umgeben, die aus den in der Umgebung liegenden Steinbrüchen geschlagenen Granitsteinen stammen. Die Mauerkrone wird noch zusätzlich durch eine Stacheldrahtverspannung gesichert. Alle fünfzig Meter ist eine Video-Überwachungskamera installiert, die wie ein Metronom regelmässig hin und her schwenkt. Der eigentliche Eingang ins Gelände wird durch ein riesiges schmiedeisernes Tor versperrt. Im Abschlussturm rechts befindet sich die Überwachungs-- und Zugangskontrolle wo allfällige Besucher mit Video- und Röntgentechnik ohne ihr Wissen bis aufs Innerste kontrolliert werden können. Hinter der Steinsäule angebaut befindet sich das Wachhaus, das rund um die Uhr von zwei schwer bewaffneten Männern besetzt ist. Dem aufmerksamen Beobachter entgehen auch die im ganzen Gebiet patrouillierenden Männer nicht, von denen jeder einen Dobermann an der Leine mit sich führt.

Hinter der langen geschwungenen Einfahrt erhebt sich das Hauptgebäude. Eine wahre Trutzburg mit ihren spitz zulaufenden Türmen, den reich verzierten Erkern und den schräg nach innen laufenden Fensterleibungen, die dem Haus das Aussehen einer mittelalterlichen Festung mit ihren Schiess-Scharten verleiht. Das ganze Gebäude ist mit wundervollen Sgraffito, einer speziellen Stucktechnik aus dem sechzehnten Jahrhundert, bei der Bilder und Ornamente in die obere Putzschicht gekratzt werden, verziert.

Hinter der riesigen, nach Süden ausgerichteten Fensterfront befindet sich das Büro von Mario Carbonara. Er sitzt hinter einem gewaltigen Schreibtisch aus Mahagoni, der so gross ist, dass problemlos zwei komplette Fussballmannschaften daran hätten gleichzeitig zu Mittag essen können. In einigem Abstand vor dem Tisch steht ein sichtlich verlegener Franco Matteo, die Hände ringend und immer wieder versuchend, ein Lächeln zustande zu bringen, das dann doch jedes Mal noch etwas verkrampfter wirkt als das vorhergehende.

Mario Carbonara hat die Fingerspitzen seiner Hände aneinander gelegt und die Ellenbogen auf der riesigen Tischplatte abgestützt. Es wirkt, als ob er seine Nasenspitze auf beiden Zeigefingern balancieren würde. Unter buschigen Brauen blicken seine eisblauen Augen unverwandt auf Franco, dessen Schweissausstoss immer heftiger wird.

Franco, Franco, Franco,“ sagt Mario unvermittelt, „was soll ich nur davon halten?“ Wie in Zeitlupe lässt er die Arme sinken bis sie flach auf dem Tisch liegen. Er dreht den Kopf, blickt seine beiden Bodyguards an, die dort mit verschränkten Armen an der Seitenwand des Büros stehen, dreht den Kopf wieder zurück und schüttelt ihn unmerklich. Dabei fällt ihm eine graue Strähne seines etwas schütteren Haares auf die Stirn. Mit einer ruhigen Bewegung streicht er sie wieder weg an ihren angestammten Platz.


Schmeckt das Frühstück so überhaupt?

Wer sind dieses Spaghettis?

Was hat der Franco ausgefressen?